Mehr Transparenz am Teller!

Pressekonferenz mit Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch, Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer und Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder

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Mehr Transparenz am Teller! – Verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung kommt und stärkt heimische Landwirtschaft und Verbraucher:innen – Betriebsküche des Landes OÖ informiert seit Jahren und ist Vorbildbetrieb bei Umsetzung

Das System der Lebensmittelversorgung und Tierhaltung ist seit langem einem großen Wandel unterworfen. Die Globalisierung und Technisierung sorgen zwar für günstige Lebensmittel, es gibt dabei aber auch Schattenseiten wie etwa klimaschädliche und ressourcenfressende Futtermittelimporte oder dem Tierschutz entgegenstehende tausende Kilometer lange Kälbertransporte, die für die jungen Tiere eine Tortur und eine Belastung für Klima und Umwelt sind.

Um für die Konsumentinnen und Konsumenten Wahlfreiheit zu ermöglichen, zum biologischen, saisonalen oder regionalen Produkt zu greifen, hat die Bundesregierung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Eier und Fleisch in der Gemeinschaftsverpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln in ihr Regierungsprogramm aufgenommen. Unter Federführung von Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig konnte nun nach langen Verhandlungen die Herkunftskennzeichnung in Gemeinschaftsverpflegungen erstmals verpflichtend vorgeschrieben werden. Die Verordnung dazu ist bereits kundgemacht und wird mit 1. September 2023 in Kraft treten.

Jeden Tag werden in Österreich 2,2 Millionen Speisen in Großküchen wie Kantinen, Krankenhäusern und Schulen ausgegeben. „Mit diesem wichtigen ersten Schritt wird auf einen Schlag Transparenz zur Herkunft auf täglich 2,2 Millionen Tellern geschaffen. Ein Meilenstein hin zu besseren Haltungsbedingungen und mehr Tierschutz, eine klare Stärkung der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ein wichtiger Schritt zur Zukunftssicherung der heimischen Landwirtschaft“, sind sich Minister Rauch, Landeshauptmann Stelzer und Landesrat Kaineder einig.

Verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung startet

Etwa 3,5 Millionen Speisen werden täglich außer Haus konsumiert. Davon entfallen 2,2 Millionen auf Speisen in Großküchen und Kantinen – etwa in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Schulen, Betriebskantinen sowie privat geführten Kantinen in Unternehmen. Sie müssen künftig ausweisen, woher Milch, Fleisch und Eier in ihren Speisen kommen. Welche Speisen das betrifft, ergibt sich aus einem eigenen Speisenkatalog, der per Verordnung vorgegeben wird.

Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch: „Konsumentinnen und Konsumenten können sich künftig einfacher entscheiden, welche Lebensmittel sie bevorzugen. Mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung tragen wir dem Wunsch vieler Menschen nach regionalen Produkten Rechnung. Viele Kantinen werden ihr Einkaufsverhalten ändern und mehr auf Herkunft, höhere Tierschutzstandards und Qualität achten.“

Duale Möglichkeit der Kennzeichnung garantiert Vollziehbarkeit

Ein besonderes Augenmerk wurde auf praktikable Lösungen bei der Herkunftsbezeichnung gelegt. Großküchen können die Auslobung nach „EU“ oder „Nicht-EU“ oder „Herkunftsland“ bzw. „Region“ durchführen. Diese Form der Kennzeichnung praktizieren österreichweit schon jetzt 450 Betriebe, etwa im Rahmen des Projekts „Gut zu wissen“. Die Erfahrung zeigt: Wer österreichische oder regionale Produkte bezieht, gibt das auch selbstbewusst bekannt.

Es besteht aber auch die Möglichkeit der prozentualen Herkunftsbezeichnung über den Betrachtungszeitraum eines Jahres, zum Beispiel: „Unser Rindfleisch kommt übers Jahr gerechnet zu 50 Prozent aus Österreich, zu 30 Prozent aus der EU und zu 20 Prozent aus Nicht-EU-Ländern”. Diese Regelung macht für die Konsumentinnen und Konsumenten auf einen Blick sichtbar, wie ihre Kantine einkauft. Eine ähnliche Regelung für Großküchen gibt es auch im Bio-Bereich.

Verpflichtende Standards bei Kennzeichnung auch in Gastronomie

Ein wichtiger Schritt ist auch in der Gastronomie gelungen. Jede freiwillige Angabe, auch abseits von Milch, Fleisch und Eiern muss nun nachgewiesen werden.

Dabei geht es vor allem um den Schutz von Konsumentinnen und Konsumenten vor Täuschung, z.B. Werbung mit regionalen Eierschwammerln, in Wahrheit Einkauf von Ware aus Litauen. Die bisherigen Regelungen zum Schutz vor Täuschung, etwa das Wettbewerbsrecht, haben sich in der Praxis oft als unzureichend erwiesen. Mit der neuen Regelung schafft die Bundesregierung Rechtssicherheit sowohl für Lebensmittelbehörden als auch für Gastronominnen und Gastronomen.

Land OÖ setzt in der Betriebsküche seit 2019 auf Herkunftskennzeichnung und Transparenz sowie Bio-Schwerpunkt

Unter dem Dach der Maßnahme „Wir essen regional“ erfolgt seit Jänner 2019 eine klare Kennzeichnung der Lebensmittelherkunft auf dem Speiseplan der landeseigenen Küche. Für Milchprodukte, Brot und Gebäck, Obst und Gemüse geschieht dies auf freiwilliger Basis, bei Fleisch und Eiern wird die Herkunft über die Initiative „Gut zu wissen“ der Landwirtschaftskammer kontrolliert. Beim gesamten Einkauf wird der Kriterienkatalog des Landes Oberösterreich für regionalen Einkauf angewendet. Ziel der Maßnahme ist es, heimische Lebensmittel besser bei den Kundinnen und Kunden zu bewerben und klar zu dokumentieren, wie hoch der Anteil an regionalen Lebensmitteln im Einkauf ist. Die Qualität der österreichischen Lebensmittel ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Daher werden diese im Lebensmittelhandel auch aktiv nachgefragt. Um dies auch in den Kantinen und Großküchen zu ermöglichen, muss die Herkunft der Lebensmittel transparent werden. Mit der Aktion „Wir essen regional“ war die Betriebsküche des Landes OÖ Vorreiter, um den Lebensmitteln und deren Produzentinnen und Produzenten durch die Kennzeichnung wieder „ein Gesicht zu geben“.

Landeshauptmann Thomas Stelzer erläutert die Beweggründe für diese Maßnahme: „Mit der Kennzeichnung der regionalen Herkunft wollen wir Transparenz und Sicherheit in der Gemeinschaftsverpflegung gewährleisten und ein klares Vorbild für andere Großküchen sein, indem wir das Bewusstsein für regionale Lebensmittel stärken. Das Land Oberösterreich bekennt sich mit dieser verpflichtenden Herkunftskennzeichnung und unseren Einkaufs-Grundsätzen zur saisonalen, regionalen sowie biologischen Verpflegung und folgt dem Wunsch unserer Konsumentinnen und Konsumenten nach einem gesteigerten Bewusstsein für Herkunft und Produktionsweise.“

In der mit Bio- und Umweltzeichen zertifizierten Betriebsküche des Landes OÖ werden jährlich 250.000 Menüs aus heimischen Lebensmitteln zubereitet:

  • Frischfleisch: gesamt ca. 14 Tonnen ausschließlich aus Österreich; davon 8,8 Tonnen Rindfleisch mit einem Anteil von 6 Tonnen Bio-Rindfleisch, das zu 90 Prozent aus Oberösterreich stammt; 3,5 Tonnen Schweinefleisch und etwa 1,1 Tonnen Lammfleisch sind dabei zu 100 Prozent aus OÖ
  • Geflügel: jährlich werden rund 7 Tonnen oberösterreichische Bio-Wildhendl verarbeitet
  • Gemüse frisch inkl. Erdäpfel: ca. 75 Tonnen (davon ca. 40 Tonnen Bio, davon ca. 80 Prozent aus OÖ und Ö)
  • Gemüse tiefgekühlt: 10 Tonnen, davon 6 Tonnen Bio
  • Eier: ca. 69.000 Stück zu 100 Prozent Bio vom Mühlviertler Bauern
  • Joghurt: 7.300 Kilogramm aus Gramastetten (100 Prozent Bio)
  • Milch- & Milcherzeugnisse: ca. 12,7 Tonnen (ca. 80 Prozent Bio)

Seit 2014 arbeitet die Betriebsküche des Landes mit dem Evangelischen Diakoniewerk Gallneukirchen zusammen. Seither arbeiten fünf Menschen mit Beeinträchtigung oder Behinderung und ein Betreuer in der Küche als fester Bestandteil des Teams mit. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur integrativen Beschäftigung und Chancengleichheit geleistet.

Kennzeichnung braucht Beratung und Kontrolle – Lebensmittelaufsicht OÖ

Kennzeichnung heißt Transparenz der Handelsströme und gibt den Konsumentinnen und Konsumenten Wahlfreiheit bspw. auch über Standards bei Umweltschutz, Tierhaltung und auch über die Länge des Transportweges. Durch mehr Transparenz werden der Handel und die Verpflegungsbetriebe eine größere Sorgfalt bei der Auswahl der Lieferanten und Produkte walten lassen. Denn umwelt- und klimagerechte Lebensmittel stammen aus der Region, wechseln je nach Saison und werden biologisch sowie fair produziert.

Der Lebensmittelmarkt ist durch das engagierte Team der Lebensmittelaufsicht OÖ sehr gut kontrolliert. Dabei geht es neben dem Gesundheitsschutz auch um den Schutz vor Täuschung, vor allem bei der Kennzeichnung von Produkten. 

Der rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der Lebensmittelaufsicht wird zum einem durch EU-Verordnungen und zum anderen durch innerstaatliche Normen und Gesetze, wie das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) bestimmt. Mit der neuen Verordnung ergibt sich eine weitere Rechtsgrundlage zur Kontrolle der in der Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie ausgelobten Angaben zur Herkunft der Zutaten. Bereits im Vorfeld wird dazu in engem Austausch mit dem Bund an der Umsetzung der Verordnung gearbeitet und auch den Küchen in der Gemeinschaftsverpflegung beratend zur Seite gestanden.

„Wir alle wollen wissen, was wir essen. Dafür braucht es Transparenz und bessere Kennzeichnung. Gerade bei der Außer-Haus-Verpflegung war dies bisher kaum nachzuvollziehen. Deshalb freut es mich, dass mit der Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung ein erster Schritt gemacht wurde. Eine bessere Kennzeichnung ist ein Gewinn für alle. Die Konsumentinnen und Konsumenten haben bessere Entscheidungsgrundlagen und greifen vermehrt zu regional produzierten Lebensmitteln. Damit schonen wir das Klima und sichern die Zukunft unserer regionalen Landwirtschaft“, so Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, der eine umfassende Kennzeichnungsverpflichtung in der gesamten Gastronomie als nächsten wichtigen Schritt sieht.