Gefahren und Umweltauswirkungen von Silvesterfeuerwerken

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder, DIin Regina Pürmayr (Leiterin Gruppe Luftgüte und Klimaschutz Land OÖ), Mag. Franz Waldenberger (Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ), Mag. Christopher Böck (Geschäftsführer OÖ Landesjagdverband) und Markus Kreilmeier (Sprengstoff- und Pyrotechnikexperte Landespolizeidirektion OÖ)

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„Gefahren und Umweltauswirkungen von Silvesterfeuerwerken – breite Allianz mahnt zu Rücksicht und Vorsicht“

Die alljährliche Tradition, das Neue Jahr mit lauten Silvesterfeuerwerken zu begrüßen, hat leider auch sehr viele Schattenseiten. Denn Feuerwerke sind nicht nur teuer, sie gefährden auch Menschen – rund tausend Österreicher/innen, darunter 200 Kinder werden nach pyrotechnischen Unfällen ins Spital eingeliefert. Neben der großen Gesundheitsgefahr für die Menschen, die durch minderwertige Feuerwerkskörper und unachtsamer Handhabung ausgeht, sind vor allem Nutztiere und Wildtiere einem unter Umständen sehr hohen Schallpegel von bis zu 170 dB ausgesetzt sowie von Plastikresten und anderen Giftstoffen auf der Wiese und im Wald gefährdet. Generell leidet die Natur durch die Freisetzung von Schwermetallen und Feinstaub-Konzentrationen, die in Städten um das 10- bis 15-fache der üblichen Werte überschritten werden.

Nach der Explosion des Feuerwerkskörpers werden Schwermetallpartikel freigesetzt, die dem Feuerwerk Farbe geben – darunter Stoffe wie Strontium, Blei, oder Chrom. Dazu kommt, dass abgebrannte Knallkörper, Böller und Feuerwerksraketen große Mengen an zusätzlichen Müll – laut Umweltbundesamt österreichweit bis zu 1.000 Tonnen – verursachen. Was zur ernsthaften Gefahr für Wild und Nutztiere werden kann, denn was in der freien Natur zurück auf den Boden fällt, bleibt dort auch liegen und wird von den Tieren fälschlicherweise für Futter gehalten.

„Mir ist es ein großes Anliegen, vor den vielfältigen Gefahren und Umweltauswirkungen, die von Feuerwerken ausgehen können, zu warnen und zu sensibilisieren. Bedenkt man die grundsätzlichen rechtlichen Grundlagen, wäre die Sachlage sehr klar und etwa ein ungenehmigtes Abfeuern von Silvesterknallern im Ortsgebiet verboten. Auch das Verwenden von pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Menschenansammlungen ist streng verboten. Darauf muss immer wieder hingewiesen werden. Feuerwerke stellen auch ein Problem für die Luftreinhaltung dar, so sind die Emissionen von Feinstaub durch Feuerwerkskörper für einen wesentlichen Anteil an der Gesamtbelastung verantwortlich und machen laut Analysen der Umweltabteilung im langjährigen Schnitt rund einen Zehntel jener aus dem Straßenverkehr aus“, warnt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.

Laut einer im Fachmagazin „The Lancet“ erschienen Studie ist Luftverschmutzung für jährlich weltweit 6,5 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich. Auch die EU-Umweltagentur geht allein von Feinstaub ausgehender Belastung von 240.000 frühzeitigen Todesfällen in der Europäischen Union im Jahr 2020 aus. „Geringere Feinstaubbelastung – auch von Feuerwerken – hat eine direkte Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung. Weniger ist daher in diesem Fall mehr, daher appelliere ich an die Oberösterreicher/innen, von exzessivem Abfeuern von Feuerwerkskörpern abzusehen“, bedankt sich Kaineder auch bei der breiten Allianz aus Jägerschaft, Landwirtschaft und Exekutive, die sich heute zu einer starken Stimme für den Schutz von Mensch und Tier zusammengeschlossen haben.

Luftbelastung durch Silvesterfeuerwerke

Feuerwerke sind für viele ein schöner Anblick. Sie verursachen aber auch regelmäßig jedes Jahr hohe Feinstaubkonzentrationen, Lärm und zusätzlichen Abfall.

So beginnt die Feinstaubbelastung regelmäßig zu Silvester in den Abendstunden zu steigen und erreicht kurz nach Mitternacht ihren Höhepunkt. Die Konzentration an Feinstaub PM10 und PM2,5 erreicht je nach Witterung meist etwa den 10-fachen Wert zu Mitternacht im Vergleich zu den Nachmittagsstunden.

Feinstaub ist der Luftschadstoff mit den gravierendsten gesundheitlichen Auswirkungen. Aufgrund der geringen Größe der Partikel können diese tief in die Lunge eindringen. Feinstaub wirkt nicht nur auf die Lunge, sondern vor allem auch auf das Herz-Kreislaufsystem.

Zudem werden Metallverbindungen beigeben, die für die Farbeffekte in den Feuerwerken sorgen. Diese Metallpartikel werden bei der Explosion freigesetzt und finden sich im Feinstaub wieder. In Feuerwerkskörpern mit CE-Kennzeichnung dürfen besonders giftige Stoffe wie Arsen, Blei und Quecksilber nicht enthalten sein. Leider wird vereinzelt von Analysen mit erhöhten Bleiwerten zu Silvester berichtet, die vermuten lassen, dass nicht nur zertifierte Feuerwerkskörper verwendet werden.

„Wer jedoch zu Silvester nicht auf das schöne Spiel mit Farbe und Licht verzichten möchte, braucht nicht unbedingt ein Feuerwerk. Auch mit Licht und Lasershows lassen sich herrliche Farb- und Lichtspiele – ganz ohne Feinstaub, Lärm und Abfall – realisieren“, so Regina Pürmayr, Leiterin der Gruppe Luftgüte und Klimaschutz beim Land OÖ.

Landwirtschaftskammer OÖ fordert weniger Action und mehr Hausverstand

Auch heuer werden Leuchtraketen und Neujahrskracher wieder ganz weit oben bei den österreichischen Silvesterbräuchen stehen. Sämtliche Bedenken bezüglich Tier-, Klima, Luft-, Boden- und Wasserschutz werden dabei von vielen für eine Nacht gänzlich über Bord geworfen. Weniger Action und mehr Hausverstand wäre beim Abfeuern von Silvesterraketen und Krachern wünschenswert. Denn der gesundheitsschädliche Feinstaub wird im Endeffekt wieder zu einem Großteil auf unseren Ackerböden und Wiesen landen“, bedauert Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Feuerwerkskörper bestehen zu 25 bis 37 Prozent aus pyrotechnischem Material, der Rest sind Feststoffe wie Karton, Kunststoff, Ton und Holz. „So ein Feuerwerk hinterlässt also eine Menge Müll. Während dieser in der Stadt von der Müllabfuhr entfernt wird, bleiben viele Feuerwerksreste auf unseren Wiesen und Feldern oft einfach liegen und gefährden bis ins Frühjahr hinein unsere Nutztiere. Dieser sogenannte, gelitterte‘ Müll ist eine Gefahr für Rinder, Schafe und Ziegen. Die Reste der Feuerwerkskörper müssen so wie Plastikabfälle oder Getränkedosen von den Landwirten mühsam mit viel Zeitaufwand wieder aufgelesen und entsorgt werden. Einmal achtlos weggeworfen dauert es oft Jahre, bis diese Abfälle vollständig abgebaut sind. Wenn das Gras für die Gärfutter- und Heugewinnung durch die Erntemaschinen geschnitten wird, werden nicht nur die Halme, sondern auch der Abfall zerkleinert. Dieser landet in der Folge im Verdauungstrakt der Tiere. Dies kann zu schweren Verdauungsstörungen und bei Metallteilen auch zu inneren Verletzungen führen, was im Extremfall den Tod eines Tieres zur Folge haben kann“, erläutert Waldenberger.

„Ich plädiere daher dafür, Silvester etwas ruhiger zu feiern und auf Feuerwerkskörper und die Knallerei zu verzichten. Diese kostet ohnehin nur Geld und hinterlässt nach wenigen Sekunden gefährlichen Müll auf unseren Äckern und Wiesen. Beim Verzicht auf die Feuerwerkskörper tun wir etwas Gutes für unsere Tiere, die Böden, die Luft und Gewässer und auch für unsere Gesundheit“, betont Waldenberger abschließend.

OÖ Landesjagdverband: Rücksichtnahme an der Raketenabschussbasis

Ein Silvester ohne Böller und Raketen ist hierzulande für viele Menschen undenkbar. Für die meisten Wildtiere ist die Knallerei aber eine unglaubliche Tortur. Es mag am Ende eines ereignisreichen Jahres für viele Österreicherinnen und Österreicher etwas Befreiendes sein, wenn zu Silvester Punkt Mitternacht das Feuerwerk gezündet wird und zwischen den Donauwalzerklängen die Raketen in den Nachthimmel geschickt werden. Doch bei allem Verständnis für Spaß und Tradition gilt es, sich der „Begleiterscheinungen“ der lustigen Knallerei bewusst zu sein.

Kurze Freude mit Schattenseiten

In Österreich werden für den kurzen Moment der künstlichen Erleuchtung rund 10 Millionen Euro für Kracher und Böller ausgegeben. Hinzu kommt, dass die Schadstoffbelastung in der Silvesternacht kurzfristig stark steigt. Und vor allem setzt der Lärm nicht nur den eigenen Ohren zu, sondern erzeugt bei Tieren enormen Stress.

Während aber bei Haustieren noch die Möglichkeit besteht, als Besitzer schützend dem Tier zur Seite zu stehen und entweder in den eigenen vier Wänden zu bleiben oder mit dem Tier in eine ruhige Gegend zu fahren, sind Wildtiere zum Jahreswechsel komplett auf sich alleine gestellt.

Todesgefahr bei Minusgraden

Wildtiere reagieren auf die für sie ungewohnten Störungen mit panikartiger Flucht und enormer Stressbelastung. „Nicht selten haben die Tiere extreme Angst. Vor allem, weil sie ein viel besseres Gehör haben als wir Menschen. Und diese Stresssituation kostet die Tiere enorm viel an Energie“, erläutert Christopher Böck, Wildbiologe und Geschäftsführer des OÖ. Landesjagdverbandes. Vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn das Nahrungsangebot ohnehin niedrig ist und die Situation eventuell durch Eis und Schnee verschärft wird, könne eine zusätzliche, massive Belastung im Extremfall auch zum Tod durch Erschöpfung führen. „Und mitunter passiert es auch, dass Tiere in Panik auf Straßen laufen und Unfälle verursachen“, warnt Böck.

Man wolle jetzt nicht den moralischen Zeigefinger erheben und den Menschen das Silvestervergnügen nehmen. „Uns Jägerinnen und Jägern geht es um eine entsprechende Sensibilisierung. Etwa die Silvesterknallerei in der Nähe von Wäldern zu unterlassen. Wenn die Wildtiere in ihrer gewohnten Umgebung ein Donnergrollen in der Ferne wahrnehmen, das ist für sie wie ein Gewitter – also nichts, wovor sie panische Angst haben müssten“, erläutert der Wildbiologe.

Rücksichtnahme ist aber besonders gefordert, wenn es um Wildtiere geht, die in der Stadt leben. Etwa Wasservögel auf stadtnahen Gewässern. Böck: “Wird in ihrer unmittelbaren Nähe geknallt, schrecken sie auf und fliegen teilweise panisch weg, um sich einen neuen Unterschlupf zu suchen, den sie aber in dieser Zeit kaum finden.”

Sprengstoffexperte der Landespolizeidirektion OÖ klärt auf und warnt

CE-Kennzeichnung und Pyrotechnikgesetz

Pyrotechnische Produkte unterliegen einer strengen CE-Kennzeichnung durch eine EU-Richtlinie. Diese legt Kategorien für pyrotechnische Erzeugnisse und Beschränkungen fest und regelt die Eigenschaften dieser Erzeugnisse. Regelungen zum Besitz und Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen finden sich im Pyrotechnikgesetz 2010. Grundsätzlich dürfen nur Feuerwerkskörper bis zur Kategorie F2 an Personen ohne besonderen Sachkundenachweis abgegeben und von diesen verwendet werden. Die zum Jahreswechsel üblicherweise verwendeten pyrotechnischen Gegenstände fallen größtenteils in die Kategorie F2.

Import von pyrotechnischen Produkten

Bedauerlicherweise kommt es auch bereits in diesem Jahr wieder zu einem erhöhten Import von pyrotechnischen Produkten aus unserem Nachbarland Tschechien. Die Problematik der Sache liege vor allem darin, dass diese pyrotechnischen Produkte meist nicht den erforderlichen Standards bei der Kennzeichnung als auch bei der Herstellung entsprechen, erklärt BezInsp Markus Kreilmeier, Sprengstoff- und Pyrotechnikexperte der Landespolizeidirektion Oberösterreich. „Oftmals liegt bei den Konsument/innen auch der Trugschluss vor, dass es sich dabei um tschechische und somit um europäische Produkte handelt. Dies ist jedoch meist nicht richtig, da die pyrotechnischen Produkte großteils aus chinesischer bzw. indischer Herstellung (ca. 97 Prozent der weltweiten Produktion) stammen“, so Kreilmeier weiter. Eine kurze Recherche auf einschlägigen Seiten im Internet offenbart allen Interessierten auch, unter welchen teils unmenschlichen Bedingungen in diesen Regionen pyrotechnische Produkte hergestellt werden. Eine Feststellung der Qualität der importierten Produkte sei meist ebenfalls schwierig, da die Einhaltung von Standards bei der Produktion auf jeden Fall als fragwürdig beurteilt werden kann.

„Es sind deshalb auch dieses Jahr durch die Landespolizeidirektion OÖ mehrere Schwerpunktaktionen im Bereich der Nordgrenze beabsichtigt bzw. wurden bereits verstärkte Kontrollen durchgeführt, um dem Import von “illegalen“ pyrotechnischen Gegenständen entgegenzuwirken. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich betonen, dass dies nicht geschieht um Bürger/-innen durch Strafen und Sicherstellungen zu gängeln. Dies dient im weiteren Sinne dazu, um sie bereits im Vorfeld vor potenziellen Verletzungen im Zusammenhang mit der Verwendung dieser pyrotechnischen Produkte zu schützen“, erklärt BezInsp Kreilmeier.

Alkohol, Böller, Verletzungen

„Unter Berücksichtigung meines langjährigen Wirkens im exekutiven Außendienst, möchte ich weiters darauf hinweisen, dass bei der Verwendung von pyrotechnischen Produkten ein erhebliches Verletzungsrisiko auch aus der Wechselwirkung zwischen fachlicher Unkenntnis und übermäßigem Alkoholkonsum der Bürger/-innen resultiert“, so der Sprengstoff- und Pyrotechnikexperte der Landespolizeidirektion.

Weiters sei noch zu erwähnen, dass es bei Sprengverletzungen oftmals zu Riss-Quetsch Wunden kommt, deren Behandlung sich auf Grund der Symptomatik als schwierig gestalten kann (Amputation von Extremitäten, wie z.B.: Finger).