Tag der Artenvielfalt: Ausgesummt und ausgezwitschert?

Presseaussendung

Tag der Artenvielfalt: Ausgesummt und ausgezwitschert? –  Hoher Bodenverbrauch und intensive Landnutzung sind Ursache für Rückgang der Artenvielfalt

Unsere Ökosysteme sind hochkomplex und einem dramatischen Wandel unterworfen. Eine kürzlich im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlichte Studie legt dies in einem Besorgnis erregenden Ergebnis dar: Die Vogelbestände Europas sind in knapp 40 Jahren um ein Viertel zurück gegangen. Laut den Studienautor:innen ist die intensive Landnutzung der Hauptgrund für die Rückgänge. Dies bestätigt ein genauerer Blick auf die erhobenen Daten. Während für Waldvögel ein Verlust von 18 Prozent zu verzeichnen ist, gingen bei Wiesen- und Feldvögel bis zu 60 Prozent der Bestände verloren.

Diese europaweite Entwicklung ist laut Birdlife auch in Österreich zu beobachten. Zwar kann für einzelne Arten eine leichte Erholung der Bestände festgestellt werden, der Gesamtzustand und der Einbruch der Zahlen – vor allem bei den früher häufigen Arten – ist aber nach wie vor alarmierend. Dies trifft etwa auf den Vogel des Jahres 2023, das Braunkehlchen, zu. Seine Bestände befinden sich massiv im Sinkflug und sind laut Farmland Bird Index seit 1998 um 63 Prozent zurück gegangen. Schätzungen zufolge wird sogar ein Rückgang von 80 Prozent angenommen. So sind in Oberösterreich nur mehr im Mühlviertel Einzelpaare vorhanden.

Auch der Österreichische Biodiversitätsrat sieht die intensive Landnutzung als eine der fatalsten Ursachen für den voranschreitenden Artenverlust in Österreich. Die Mehrzahl der Lebensräume, die einen hohen Ausweisungsgrad als Bauland aufweisen, sind Lebensräume der Kulturlandschaft wie artenreiches Grünland oder Streuobstwiesen. Viele dieser Lebensräume weisen heute als Folge jahrzehntelanger Flächenverluste nur noch stark zersplitterte Vorkommen auf.

„Über zwei Hektar Land – etwa vier Fußballfelder – werden in Oberösterreich tagtäglich verbraucht. In den letzten 25 Jahren verlor Österreich durch Verbauung 150.000 Hektar Felder und Wiesen. Das entspricht der gesamten Agrarfläche des Burgenlands. Der Druck auf die verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen steigt, es wird intensiver bewirtschaftet. Der Verlust blütenreicher Wiesen, Brachen und von Insekten wird nicht nur dem Braunkehlchen zum Verhängnis. Wir Menschen können auf artenreiche Ökosysteme nicht verzichten, sie sind unsere Lebensgrundlage. Sie sorgen für sauberes Wasser, für unsere Lebensmittel und schützen uns vor Wetterextremen. Es gilt eine Trendwende einzuleiten, jede weitere Zerstörung von Böden zu verhindern und unsere wertvollen und vielfältigen Lebensräume zu schützen“, kommentiert Landesrat Stefan Kaineder die vorliegenden Ergebnisse.

Dabei spielt die Artenvielfalt eine entscheidende Rolle bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Intakte Ökosysteme nehmen Kohlenstoff auf und speichern ihn, von Permafrostböden und Regenwäldern sind uns diese Effekte bereits geläufig. Aber Untersuchungen haben dies auch für das Ökosystem Wiese nachgewiesen. Artenreiche Naturwiesen speichern mehr Biomasse als artenarme und wirken als Kohlenstoffsenke. Zudem schützen stabile Ökosysteme vor Dürre und Hochwasser.

Österreich zählt mit rund 68.000 Arten zu den artenreichsten Ländern Mitteleuropas. Aber die Vielfalt ist stark gefährdet: Mit einem Anteil von 83 Prozent an Arten mit mangelhaftem oder schlechtem Erhaltungszustand liegt Österreich an vorletzter Stelle in einer Analyse der EU-Umweltagentur. Das Biodiversitäts-Barometer der Expert:innen des Österreichischen Biodiversitätsrats zeigt für das Jahr 2022 nur wenige Fortschritte beim Schutz der biologischen Vielfalt.