Sommer, Sonne und Fernweh
Pressekonferenz mit Landesrat Stefan Kaineder und
Mag. Joachim Leitner, Verbraucherschlichtung Österreich
zum Thema
Sommer, Sonne und Fernweh – Zwischen Storno und Umbuchung: „Was mache ich mit einer gebuchten Reise?“ – Reiserechtliche Ansprüche in Zeiten von Coronabeschränkungen
Aktuell ist die Verunsicherung sehr groß, wie es mit gebuchten Reisen, Hotelübernachtungen oder Flügen weitergehen wird. Mit heutigem Tag sind die umfangreichen Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus vorerst Geschichte und es kann wieder langsam etwas mehr Normalität in unser Leben einkehren. Aufrecht bleibt aber das unbedingte Einhalten der Abstandregelung. Zurecht fragen sich die Konsument/innen aber jetzt vor allem, wie es mit Urlaub und Reisen weitergehen kann. Vor allem die Frage nach der kostenlosen Stornierung von Reisen wird in diesem Zusammenhang häufig gestellt.
Doch was ist, wenn Konsumentinnen und Konsumenten trotz rechtlicher Beratung mit dem Reiseunternehmen keine geeignete Lösung für ein Problem finden? In vielen Fällen kann die Verbraucherschlichtung Austria helfen: Die „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ vermittelt zwischen beiden Seiten mit dem Ziel einer außergerichtlichen Lösung – kostenlos.
Landesrat Kaineder: „Ab wann wir unseren Urlaub wieder in vollem Umfang genießen werden können und auch wieder Reisen in andere Länder ohne Einschränkungen planen können, ist aktuell nicht absehbar. Mit der Wiederöffnung der Hotels und Übernachtungsbetriebe in Österreich gegen Ende des Monats ist aber zumindest ein erster Schritt in diese Richtung gemacht. Die Krisensituation bietet zumindest vielen die Chance, Österreich als Urlaubsdestination neu zu entdecken. Es muss ja vielleicht nicht immer der All-inclusive-Urlaub in fernen Ländern sein, wenn die Menschen erkennen, wie schön unsere Heimat sein kann. Damit stärken wir nicht nur die heimische Wirtschaft enorm, es ist auch ein Beitrag zum Schutz unseres Klimas und der Umwelt.“
Was ist die Verbraucherschlichtung Austria?
Die Verbraucherschlichtung Austria ist eine von acht staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen in Österreich. Sie hilft Konsument/innen und Unternehmen dabei, Streitigkeiten rasch und außergerichtlich beizulegen. Sie agiert in diesem Zusammenhang als neutraler Vermittler, der die Interessen beider Seiten im Blick und eine für sie zufriedenstellende Lösung zum Ziel hat. Grundlage der Tätigkeit der Verbraucherschlichtung ist das Alternative-Streitbeilegung-Gesetz (AStG), welches aufgrund einer EU-Richtlinie erlassen wurde und seit Jänner 2016 ein flächendeckendes Netz alternativer Streitbeilegungsstellen vorsieht.
Bei welchen Problemen kann man sich an die Schlichtungsstelle wenden?
Die Verbraucherschlichtung ist für alle Probleme zuständig, für die keine der anderen sieben staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen (E-Control, RTR Telekom-Schlichtungsstelle, RTR-Postschlichtungsstelle, APF, Bankenschlichtung, Ombudsstelle Fertighaus, Internet Ombudsmann) zuständig ist. Zum Aufgabenbereich der Verbraucherschlichtung zählen insbesondere Streitigkeiten bei Warenkäufen, Reiseproblemen, Streitigkeiten mit Handwerker/innen, Probleme bei Fremdwährungskrediten und Versicherungen oder bei der Kündigung von Abos und Mitgliedschaften. 2019 erledigte die Verbraucherschlichtung Austria über 800 Schlichtungsanträge. Mehr als 100 davon betrafen den Reisesektor. In insgesamt 81% der Fälle haben Unternehmen an den an sich freiwilligen Verfahren mitgewirkt. Eine Einigung konnte in 66% aller Schlichtungsfälle erreicht werden.
Ich habe eine Reisestornoversicherung abgeschlossen. Kann ich somit jederzeit kostenlos stornieren, auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus?
Ob ein bestimmter Fall durch eine Versicherung gedeckt ist oder nicht, hängt von den Versicherungsbedingungen ab. Für gewöhnlich greifen Reisestornoversicherungen etwa dann, wenn man unerwartet schwer erkrankt, sich schwer verletzt, Familienangehörige sterben oder Schwangerschaftskomplikationen auftreten. Wenn Reisestornogründe aber mit Pandemien im Zusammenhang stehen, ist dies für gewöhnlich aus dem Versicherungsschutz ausgenommen. Wenn man aufgrund des Coronavirus also erkrankt oder „nur“ aus Angst vor dem Coronavirus nicht verreisen möchte, wird die Versicherung die Stornokosten wohl nicht decken. Dies müsste zusätzlich vereinbart werden. Man sollte sich aber jedenfalls die Versicherungsbedingungen genau ansehen und überprüfen, in welchen Fällen eine Deckung gegeben ist.
Muss ich einen Gutschein oder eine Umbuchung akzeptieren, wenn die Reise abgesagt wurde oder ich Anspruch auf ein kostenloses Storno habe?
Sie können sich mit dem Unternehmen im Lichte der derzeit schwierigen Situation natürlich auf einen Gutschein oder eine Umbuchung einigen, eine Verpflichtung dazu besteht aber nicht. An sich besteht also ein Anspruch auf Rückzahlung, wenn Ihrerseits schon geleistet wurde. Bei einem Gutschein ist wichtig zu beachten, dass ein solcher nicht insolvenzgesichert ist. Wird das Unternehmen also insolvent, erhält man nur die Insolvenzquote, also einen Prozentsatz des eigentlichen Wertes. Mittlerweile gehen einige Staaten dazu über, die Annahme von Gutscheinen verpflichtend zu machen, um die Tourismusbranche zu entlasten. In Österreich ist dies bislang noch nicht der Fall. Zudem stellt sich die Frage, ob dies EU-rechtlich in Ordnung ist.
Meine Pauschalreise wurde abgesagt. Welche Rechte habe ich?
Wenn eine Pauschalreise vom Reiseveranstalter abgesagt wird, muss die Reise nicht bezahlt werden. Bereits getätigte Zahlungen müssten erstattet werden.
Bei meiner Pauschalreise kommt es zu Änderungen. Welche Rechte habe ich?
Hier kommt es unter anderem darauf an, was geändert wird und ob dies vertraglich vorgesehen ist. Wenn der Reiseveranstalter aber wesentliche Eigenschaften der Reise erheblich ändert, können Reisende innerhalb angemessener Frist entweder zustimmen (Schweigen gilt als Zustimmung!) oder kostenlos vom Vertrag zurücktreten. Eine erhebliche Änderung wäre es wohl, wenn bei einer Rundreise, die insbesondere der Besichtigung diverser Sehenswürdigkeiten dient, keine dieser Sehenswürdigkeiten besucht werden könnte oder wenn bei Kreuzfahrten die Route völlig geändert wird.
Ich möchte meine Pauschalreise stornieren. Worauf ist dabei zu achten?
Grundsätzlich ist zu betonen, dass eine Pauschalreise von Konsument*innen jederzeit storniert werden kann. Für gewöhnlich sind dabei aber Stornokosten zu zahlen. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein kostenloses Storno möglich ist. Kostenlos stornieren können Konsument*innen dann, wenn die Reise unmittelbar bevorsteht (ca. 1 Woche) und am Zielort unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Mit anderen Worten muss die Reise unzumutbar werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Reiseziel stark vom Virus betroffen ist, ich gar nicht einreisen darf oder nach der Einreise längere Zeit in Quarantäne müsste. Auch hier gilt wieder, dass an sich das bisher bezahlte Entgelt zurückzuerstatten wäre (allenfalls abzüglich einer Bearbeitungsgebühr). Gutscheine oder Umbuchungen können aber natürlich auch akzeptiert werden.
Würde die Reise hingegen erst in einigen Wochen oder Monaten stattfinden, kann noch nicht kostenlos storniert werden. Hier müsste also erst die weitere Entwicklung abgewartet werden. Wenn Konsument*innen also die Reise keinesfalls antreten möchten, egal wie sich die Lage entwickelt, ist es in gewisser Weise ein Glücksspiel. Je früher man storniert, umso geringer sind die regulären Stornokosten. Wartet man hingegen zu, kann es einerseits sein, dass man gar keine Stornogebühren zahlen muss, weil eine Reise bis zum Schluss unzumutbar ist und somit kostenlos storniert werden kann. Andererseits kann es aber auch sein, dass sich die Lage beruhigt und somit eine sehr hohe Stornogebühr zu zahlen wäre. Natürlich kann man sich aber jederzeit an den Reiseveranstalter wenden, um nach einer Kulanzlösung zu fragen.
Ich habe meine Pauschalreise erst während der Coronakrise gebucht bzw. plane ich jetzt eine Reise zu buchen. Was ist dabei zu beachten?
Wenn Sie eine Reise in eine Region buchen, die derzeit stark vom Coronavirus betroffen ist und daran ändert sich auch bis zum Reiseantritt nichts, können sie nicht einfach kostenlos stornieren. Das geht nur, wenn die außergewöhnlichen Umstände bei der Buchung nicht schon bestanden haben, wenn Sie also überrascht wurden. Natürlich kann man aber versuchen, mit dem Reiseveranstalter bereits bei Vertragsabschluss eine Vereinbarung für diesen Fall zu treffen. Hier wäre etwa an eine längere kostenlose Stornomöglichkeit, die Zusage einer Umbuchungsmöglichkeit oder ähnliches zu denken.
Mein Flug wurde annulliert. Welche Ansprüche habe ich?
Wurde der Flug vom Flugunternehmen gestrichen, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Rückzahlung des Flugpreises. Natürlich können aber auch ein Gutschein oder eine Umbuchung akzeptiert werden, wenn Konsument*innen dies wollen.
Ich möchte meinen Flug aufgrund des Coronavirus kostenlos stornieren. Geht das?
Dies ist in der Praxis wohl eher schwierig, man könnte aber etwa damit argumentieren, dass die Flugreise zwischenzeitlich unzumutbar und daher der typische Vertragszweck weggefallen ist. Ob man damit Erfolg hat, kommt wohl sehr auf den jeweiligen Fall an. Grundsätzlich sollte man mit der Fluglinie Kontakt aufnehmen und sich nach der Möglichkeit eines kostenlosen Stornos oder zumindest eines Gutscheins oder einer Umbuchung erkundigen.
Das Hotel, das ich gebucht habe, ist geschlossen. Muss ich trotzdem zahlen?
Wenn das Hotel aufgrund des Coronavirus nicht geöffnet hat, dann kommt es auf das Recht des Staates an, in dem das Hotel liegt, ob Sie eine Stornogebühr zahlen müssen oder nicht. In Österreich müssten Sie jedenfalls nichts bezahlen bzw. Ihr Geld zurückbekommen, wenn seitens des Hotels nicht geleistet wird.
Ich möchte meinerseits den Hotelaufenthalt stornieren. Ist das kostenlos möglich?
Wenn der Hotelaufenthalt noch längere Zeit in der Zukunft liegt, kann es ohnehin sein, dass Sie noch kostenlos stornieren können. Dies sollte man zuerst prüfen. Steht der Aufenthalt kurz bevor, dann kommt es wieder auf das Recht des Staates an, in dem das Hotel liegt und wie die Lage vor Ort ist. Ist die Region schwer vom Coronavirus betroffen oder gar nicht erreichbar, kann mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden. In Österreich wird man damit Erfolg haben, in anderen Staaten muss das hingegen nicht sein. Bezüglich Österreich ist die touristische Nutzung von Hotels derzeit aber ohnehin nicht möglich.