Präsentation Messergebnisse der Luftschadstoffe während des Corona-Lockdowns

Pressekonferenz mit Landesrat Stefan Kaineder

zum Thema

Präsentation Messergebnisse der Luftschadstoffe
während des Corona-Lockdowns – enorme Verbesserung
der Luftqualität muss Ansporn für ambitioniertes
Maßnahmenpaket sein

Wir befinden uns gerade in einer absoluten Ausnahmesituation und wir sehen an vielen Stellen, wie die Gesellschaft in der schwierigen Situation zusammenhält. In den letzten Monaten mussten wir unser gewohntes Leben völlig auf den Kopf stellen, damit wir im Kampf gegen das Virus die Kontrolle behalten. Die Reduktion der Schadstoffbelastung ist hauptsächlich auf das geringere Verkehrsaufkommen zurückzuführen und beweist auch in diesem Punkt die große Disziplin und Solidarität der Menschen beim Bewältigen dieser besonderen Herausforderung.

Jetzt müssen in der Folge auch Lehren aus den Erkenntnissen dieser Ausnahmesituation gezogen werden und wirksame und nachhaltige Maßnahmen in Richtung Verbesserung der Luftqualität erarbeitet werden.

Klimalandesrat Stefan Kaineder: „Die Luftqualität ist für die Menschen im Zentralraum essentiell und wir sehen, dass wenig Verkehr gute Luftqualität bedeutet. Das lernen wir aus dieser Krise Es braucht jetzt ein ambitioniertes Maßnahmenpaket, wie die Linzer Luft nachhaltig sauberer wird, denn saubere Luft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit. Ziel muss sein, dass die Kinder in Linz dieselbe saubere Luft atmen wie jene Kinder in Freistadt.“

Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, wie wenig ambitioniert in Oberösterreich der Ausbau des öffentlichen Verkehrs vorangetrieben wird. Der Ausbau der Summerauerbahn wurde mit dem Bau der S10-Autobahn versprochen. Seit fünf Jahren donnert der Transitverkehr von Tschechien auf seiner Schneise durchs Mühlviertel. Vom Bahnausbau leider keine Spur. Oft werden Straßenbauprojekte gemeinsam mit ÖV-Projekten angekündigt. Umgesetzt wird aber nur der Straßenbau. Hier fordert Klimalandesrat Stefan Kaineder endlich einen Paradigmenwechsel ein.

Die Zukunftsministerin Leonore Gewessler zeigt vor, wie nachhaltige Verkehrspolitik vorangetrieben wird: Die Verhandlungen für ein äußerst attraktives österreichweites ÖV-Ticket sind abgeschlossen und es wird bereits Anfang nächsten Jahres in die Umsetzung gehen. „So schaut engagierte Verkehrs- und Klimaschutzpolitik aus!“

Dass die Menschen längst bereit für einen Mobilitätswandel sind, zeigen auch die enorm steigenden Absatzzahlen bei Fahrrädern. Immer mehr nutzen das Rad für den Arbeitsweg oder zum Einkaufen. Dazu braucht es aber die entsprechende Infrastruktur mit dem Fokus auf sicheren Radwegen.

Wie eine nachhaltige Fahrradoffensive funktionieren kann, zeigt das Land Steiermark: Gemeinsam investieren Land Steiermark und Stadt Graz bis zum Jahr 2030 nicht weniger als 100 Millionen Euro (!) in eine „Radverkehrsoffensive Großraum Graz“. Die Stadt Graz gibt also alleine in den nächsten 10 Jahren 50 Mio. Euro aus, also 5 Mio. Euro pro Jahr. Das sind pro Kopf und Jahr rund 17 Euro! Linz dagegen nur 285.000 Euro, das sind nicht einmal 1,50 Euro pro Einwohner und Jahr. Das Radbudget des Landes beträgt jährlich für ganz OÖ nicht einmal 1,5 Mio. Euro. (ca. 1 Euro pro Person und Jahr), somit nicht einmal ein Drittel dessen, was die Steiermark alleine für den Großraum Graz ausgibt.

Nun erhöht auch die Zukunftsministerin Leonore Gewessler von Bundesseite den Druck mit einer Verzehnfachung des Budgets für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur und stellt 40 Millionen Euro zur Verfügung. Schwerpunkt des Förderprogramms ist der Ausbau von Schnellradwegen aus dem Stadtumland. „Das muss uns in der Landesregierung Motivation sein, mutige Schritte in Richtung nachhaltiger Verkehrsentwicklung zu setzen“, so Klimalandesrat Stefan Kaineder abschließend.

Verkehr als Hauptverursacher der Schadstoffbelastung

Eine Verursacheranalyse zeigt: Hauptverursacher für die Grenzwertüberschreitungen des NO2-Jahresmittelwerts ist der Straßenverkehr und insbesondere die Stickoxidemissionen der Dieselfahrzeuge. Am Römerberg, der höchstbelasteten, kontinuierlich betriebenen Messstelle in Linz, beträgt der direkte Anteil des Verkehrs an der NOx-Belastung 71%, weitere 5% stammen aus der Tunnelabluft und damit auch aus dem Verkehr (Grafik). 11% kommen aus der großräumigen Hintergrundbelastung zu der auch wiederum der Verkehr mit 6% beiträgt. Damit stammen 82% der NOx-Belastung am Römerberg aus dem Straßenverkehr. Emissionen der Industrie und der Energieversorgung tragen in wesentlich geringerem Ausmaß bei.

Abbildung NOx Belastung Römerberg (Quelle Land OÖ)

Gesundheitsbelastung durch Stickoxide

Stickoxide entstehen durch die Verbrennung fossiler Energieträger. Der mit Abstand größte Verursacher ist der Verkehr, wobei Diesel-Pkw innerstädtisch den größten Anteil ausmachen. Im Gegensatz zu Industrieabgasen, gelangen Abgase des Verkehrs in Bodennähe in die Luft und haben daher für die menschliche Gesundheit besonders schwerwiegende Folgen.

Stickoxide sind die Vorläufersubstanzen von Feinstaub und von Ozon. Für den Menschen besonders schädlich ist allerdings auch die direkte Wirkung des ätzenden Reizgases NO2; es schädigt die Atemwege und reizt die Augen. Durch die dabei auftretenden Entzündungsreaktionen verstärkt es die Reizwirkung anderer Luftschadstoffe zusätzlich. Ist man NO2 kurzfristig ausgesetzt, führt dies zu Anstiegen von allergischen Reaktionen, zur Verschlimmerung von Asthma und klinisch relevanten Anstiegen in der Empfindlichkeit der Atemwege. Eine länger andauernde, hohe Konzentration von NO2 kann zur Entwicklung von Asthma, sowie Neuerkrankungen von Asthma bei Kindern führen.

Besonders Kinder, ältere Menschen und Personen mit Asthma sind gefährdet. Laut den Angaben des VCÖ leidet bereits jedes zehnte Kind an Asthma – Tendenz steigend.

Aktuelle Auswertung Stickoxidbelastung

Grafik: Land OÖ

Im Jahr 2020 wird an der Messstelle Linz-Römerberg der Grenzwert der EU-Luftqualitätsrichtlinie von 40 µg/m³ als Jahresmittelwert erstmals unterschritten werden. Derzeit ist zu erwarten, dass der Jahresmittelwert für 2020 unter 38 µg/m³ liegen wird.

Verkehrsbeeinflussungsanlage Tempo 100 IG-L

Grafik: Land OÖ

Die Daten über die Schaltdauer (Anzahl an Stunden pro Tag) der Verkehrsbeeinflussungsanlage zeigen deutlich, welche Auswirkungen der Lockdown auf die Schaltdauer zur Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A1 zwischen Enns und Linz hatte. Was beweist, wie das System auf einen Rückgang an Stickoxiden reagiert.

Grafik: Land OÖ

An der Messstelle Enns-Kristein wird das dritte Jahr in Folge der Grenzwert der EU-Luftqualitätsrichtlinie von 40 µg/m³ unterschritten werden und es ist für das Jahr 2020 aufgrund der Ausnahmesituation durch Corona zu erwarten, dass erstmals der Grenzwert (inkl. Toleranzmarge) des Immissionsschutzgesetz – Luft (IG-L) von 35 µg/m³ unterschritten werden wird. Die derzeitigen Daten lassen erwarten, dass der Jahresmittelwert für 2020 unter 34 µg/m³ liegen wird.

Öffentlicher Verkehr am Abstellgleis

Der Landesrechnungshof hat in seiner Prüfung über die „Luftgüte in OÖ und Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte“ kritisiert, dass der oö. Landtag bereits am 7. April 2011 beschlossen hat, “als Zielvorgabe die Anhebung des ÖV-Anteils der täglich nach Linz einpendelnden Personen auf zumindest 30 Prozent bis zum Jahr 2025 zu verfolgen (…)“, trotzdem sei „es bisher nicht gelungen, eine Trendwende zu Gunsten des öffentlichen Verkehrs zu erreichen. Aus Sicht des LRH braucht es dazu eine breite politische Willensbildung für entsprechende Maßnahmen”. Eine 2012 durchgeführte Verkehrserhebung ergab, dass sich in Oberösterreich der Wegeanteil des öffentlichen Verkehrs auf 10,2 Prozent des Gesamtverkehrs reduziert hatte.

Klimalandesrat Kaineder: „Nur mit einer ambitionierten Verkehrswende sorgen wir für saubere Luft in Linz. Dazu müssen wir die Gelder von den großen Straßenprojekten zum Ausbau des Öffentlichen Verkehr umleiten.“