„Lokalisierung des European Green Deal“

Presseaussendung

„Lokalisierung des European Green Deal“
Internationale Jahreskonferenz des Klima-Bündnis in Wels

Wels. Die Europäische Union strebt mit dem sogenannten „Green Deal“ an, bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um 55% zu reduzieren und bis 2050 der erste wirklich klimaneutrale Kontinent zu werden. Damit stellt die EU die Weichen bei Themen wie Biodiversität, Landwirtschaft, nachhaltige Energie, Bauen und Mobilität. Die ehrgeizigen Ziele der EU beeinflussen die Aktivitäten auf kommunaler Ebene zukünftig direkt. Das lokale Handeln ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg des EU Green Deals – die vielen Engagierten auf kommunaler Ebene bieten hierfür ein großes Potential.

Die über 1.800 Mitglieder des Klima-Bündnis aus 27 europäischen Ländern diskutieren in diesen Tagen bei der Internationalen Jahreskonferenz des Klima-Bündnis in Wels, welche Auswirkungen der European Green Deal auf nationale und lokale Aktivitäten haben kann. Städte und Gemeinden aus ganz Europa präsentieren, welche Wege sie in den Bereichen Anpassung, Klimaschutz sowie Bodenschutz schon eingeschlagen haben. Im Fokus steht auch, welche Herausforderungen es noch zu bewältigen gibt und wie das Klima-Bündnis-Netzwerk dabei unterstützen kann.

„Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Generation. Der European Green Deal unterstützt uns, Wirtschaft und Industrie in Richtung Klimaneutralität zu transformieren“, ist Klima-Landesrat Stefan Kaineder überzeugt. „Für uns in Österreich, aber vor allem im Industrieland Oberösterreich, bedeutet das eine große Chance. Die heimische Innovationskraft bei sauberen Technologien ist enorm. Viele Unternehmen sind Marktführer in der Ökotechnologie. Nun müssen wir die richtigen Weichenstellungen setzen und Rahmenbedingungen schaffen, wenn wir unseren Kindern und Enkelkindern einen funktionierenden Planeten übergeben wollen.“

Wels als Vernetzungspunkt für Klimaschutz

Die Konferenz findet von 8. bis 10. September online und im Minoritenkloster Wels statt. Als Hauptreferent konnte der renommierte Soziologe und Klimaforscher Prof. Harald Welzer gewonnen werden. Er führte gemeinsam mit Prof. Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität am Donnerstag Vormittag in die Themen ein und argumentiert, warum der Green Deal „grüne Phantasie“ benötigt. Daran anschließend folgte die Diskussion „Österreichs Weg zur Klimaneutralität“, ehe ein umfangreiches Workshopprogramm – von erneuerbaren Energien in Amazonien über nachhaltige Mobilitätsplanung bis hin zum Thema Energiearmut – angeboten wird.

Dass Wels als Austragungsort für diese Internationale Klimakonferenz ausgewählt wurde, ist kein Zufall. Die Stadt ist seit langem vorbildlich in Sachen kommunaler Klimaschutz engagiert: „Wels ist seit 1992 Mitglied im Klimabündnis OÖ und hat seither zahlreiche Projekte verwirklicht. Ein Großteil der Welser Haushalte wird fast zu 100 Prozent mit nachhaltigem Strom versorgt, es gibt erfolgreiche Projekte zur Müllvermeidung oder eine Reduzierung des Fleischkonsums an den Welser Schulen. Derzeit prüfen wir den Einsatz von Wasserstoffbussen, bauen das Radwegenetz aus und planen den Ausbau der S-Bahn. An diesem Wochenende blickt ganz Europa auf unsere Stadt“, erklärt Bürgermeister Dr. Andreas Rabl.

„Als Umweltreferentin der Stadt Wels freut es mich außerordentlich, dass die Internationale Klimabündniskonferenz – coronabedingt nun ein Jahr verspätet – in Wels stattfindet. Mit der Austragung der Energiesparmesse hat die Stadt Wels national und international einen ausgezeichneten Ruf im Bereich des Klima- und Umweltschutzes. Durch Veranstaltungen wie diese kann es gelingen, den Green Deal der EU zu erreichen“, bestätigt Vizebürgermeisterin Silvia Huber.

Das Bekenntnis zum Klimaschutz kommt natürlich auch während der Konferenz zum Tragen: Als sogenanntes „Green Event“ wird auf Abfallvermeidung, eine klimafreundliche Anreise und regionale, biologische Lebensmittel geachtet. Teilnehmer/innen, die öffentlich oder in Fahrgemeinschaften anreisen, erwartet als Dankeschön eine kleine Überraschung.

European Green Deal: Herausforderung und Chance für die kommunale Ebene

Wie kann Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden? Diese Frage beschäftigt politische Entscheidungsträger/innen auf lokaler und globaler Ebene. So viel ist sicher: Nur gemeinsam und mit Hilfe vieler kleiner Schritte, kann das Ziel erreicht werden.

Katharina Seebacher arbeitet als Bürgermeisterin von Schlierbach an der Umsetzung der Klimaziele in ihrer Gemeinde. Den European Green Deal sieht sie als wichtigen Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel: „Wenn die EU im Green Deal die Senkung der Treibhausgasemissionen und die Schaffung von nachhaltigen Wirtschaftsmodellen vorgibt, dann lassen sich viele dieser Maßnahmen auch auf Gemeindeebene herunterbrechen, wie z.B. Umstellung des Verkehrs auf emissionsfreie Fahrzeuge, Aufbau von Ladeinfrastruktur, Einsatz von erneuerbaren Energieträgern, nachhaltige Raumplanung und Bauwirtschaft. Das bietet viele Chancen für neue Technologien und Produkte, aber auch für innovative Nutzungsmodelle und Gemeinschaftsprojekte.“

Auch der Welser Bürgermeister Dr. Andreas Rabl betrachtet den European Green Deal als Herausforderung, zu dem mit den richtigen Maßnahmen auf kommunaler Ebene einen wichtigen Beitrag leisten kann:

„Das verschärfte Klimaziel von mindestens 55 Prozent weniger CO2-Emissionen ist hoch gesteckt und nur mit vielen Anstrengungen zu erreichen. Gerade die Gemeinden benötigen klare und messbare Ziele, die auf kommunaler Ebene umgesetzt werden können und finanzielle Unterstützung vom Bund. Es braucht Rahmenbedingungen, die ehrgeizig, aber realistisch sind. Um die geplanten Ziele des Green Deal zu erreichen, müssen alle EU-Mitgliedstaaten an Bord sein. Dafür braucht es eine neue Kultur der Zusammenarbeit, vor allem auch über Europa hinaus.“

Genau hier setzt die Arbeit des Klima-Bündnis an. Als globale Partnerschaft zum Schutz des Klimas verbindet es mittlerweile mehr als 1.800 Gemeinden in 27 Ländern Europas mit indigenen Völkern in Südamerika. Seit 1993 unterstützt es indigene Völker am Rio Negro, im Nordwesten Brasiliens. In Österreich ist das Klimabündnis das größte Klimaschutz-Netzwerk: Acht Regionalvereine in den Bundesländern bilden gemeinsam den Verband Klimabündnis Österreich und unterstützen bei der Umsetzung von klimafreundlichen Maßnahmen vor Ort.

30 Jahre Klimabündnis Oberösterreich

Im Rahmen der Konferenz feiert das Klimabündnis Oberösterreich sein 30-jähriges Bestehen und zeichnet zu diesem Anlass 30 besonders engagierte Persönlichkeiten aus. Im Anschluss an die Auszeichnungen und Ehrungen findet die Mitgliederversammlung des Klimabündnis Oberösterreich statt.

Knapp 300 Gemeinden, 800 Betriebe und 230 Schulen in Oberösterreich gehören mittlerweile zum Klimabündnis-Netzwerk. Die Handlungsfelder des Vereins reichen von Mobilität über Konsum bis hin zu Bodenschutz. „Ich bin der Meinung, dass jeder und jede zum Klimaschutz in seinem engsten Umfeld beitragen kann. Dabei kann das Klimabündnis sehr gut unterstützen, weil es diese großen Vorgaben in die Breite bringt, in umsetzbare Angebote umwandelt und die Menschen in den Gemeinden bei der Umsetzung unterstützt“, sagt Klimabündnis OÖ-Mitgründerin und Bürgermeisterin der Gemeinde Schlierbach, Katharina Seebacher.

„Wir haben in den vergangenen 30 Jahren in Sachen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit viel erreicht“, bestätigt Klimabündnis OÖ-Leiter Mag. Norbert Rainer, „gleichzeitig ist es allerhöchste Zeit, jetzt die Weichen für die kommenden 30 Jahre zu stellen: Speziell in den kommenden Monaten und Jahren sind unser Engagement und unsere Anstrengungen notwendiger denn je. Mit dem European Green Deal haben wir klare Ziele bis 2030 und darüber hinaus. Mit diesem Rahmen können wir lokale Lebensqualität sichern und die lokale Wirtschaft stärken. Diese Chance wollen wir gemeinsam mit den Gemeinden nützen. In diesem Sinne: Lasst uns weiter global denken und lokal handeln.“

Zukunftsweisende Charta

Bei der jährlichen Mitgliederversammlung im Rahmen der Konferenz verabschieden die Mitglieder außerdem die Erklärung von Wels, die eine Aktualisierung der seit über 30 Jahren bestehenden Selbstverpflichtung für einen ambitionierteren Klimaschutz darstellt.

Die Charta unterstreicht die Bedeutung der Frage, wie die Erderhitzung bekämpft werden soll. Von Klimaneutralität über 100 % regenerative Energien bis hin zur Einführung eines CO2-Preises – mit der Charta gibt das Netzwerk seinen Mitgliedern konkrete Empfehlungen an die Hand, um eine nachhaltige und gerechte Transformation vor Ort voranzutreiben.

„Ob Flutkatastrophen, extreme Hitze oder der aktuellste Bericht des Weltklimarats (IPCC) – die Ereignisse der letzten Monate haben deutlich gemacht, wie wichtig ambitionierter Klimaschutz ist. Jetzt zu handeln, ist unerlässlich, aber wie dieses Handeln aussieht, ist mindestens genauso wichtig. Die Verabschiedung der Charta (Erklärung von Wels) ist ein Meilenstein für unser Netzwerk und ein großer Schritt in Richtung Zukunft“, kommentiert Andreas Wolter, Vorstandsvorsitzender des Klima-Bündnis und Bürgermeister der Stadt Köln.

Über das Klima-Bündnis

Seit 30 Jahren setzen sich die Mitgliedskommunen des Klima-Bündnis mit ihren indigenen Partnern der Regenwälder für das Weltklima ein. Mit mehr als 1.800 Mitgliedern aus 27 europäischen Ländern ist das Klima-Bündnis das weltweit größte Städtenetzwerk, das sich dem Klimaschutz widmet, und das einzige, das konkrete Ziele setzt: Jede Klima-Bündnis-Kommune hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen alle fünf Jahre um zehn Prozent zu reduzieren. Da sich unser Lebensstil direkt auf besonders bedrohte Völker und Orte dieser Erde auswirkt, verbindet das Klima-Bündnis lokales Handeln mit globaler Verantwortung. Mehr Infos auf klimabuendnis.org

Über das Klimabündnis Oberösterreich

Hierzulande bilden acht Regionalvereine in den Bundesländern gemeinsam den Verband Klimabündnis Österreich und unterstützen bei der Umsetzung von klimafreundlichen Maßnahmen vor Ort. Das Klimabündnis Oberösterreich zählt mittlerweile 290 Gemeinden, über 800 Betriebe, mehr als 240 Bildungseinrichtungen und die Diözese Linz zu seinen Mitgliedern. Wir arbeiten seit 30 Jahren vor allem an Projekten rund um Mobilität, Energie, Bodenschutz, Klimawandel-Anpassung und Lebensstil und werden dabei durch das Land OÖ als Partner unterstützt. Mehr Infos auf klimabuendnis.at