Gesundheit vs. Geschwindigkeit – Wie geht es mit dem „Lufthunderter“ an der A1 von Linz bis Enns weiter? Präsentation der Evaluierung
Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder
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Gesundheit vs. Geschwindigkeit – Wie geht es mit dem „Lufthunderter“ an der A1 von Linz bis Enns weiter? Präsentation der Evaluierung
Seit 2008 besteht auf einem rund 13 Kilometer langen Streckenabschnitt an der Westautobahn A1 zwischen Linz und Enns eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung. Sobald die Schadstoffbelastung an der A1 einen Schwellenwert überschreitet, wird an dem Streckenabschnitt ein Tempo 100-Limit vorgegeben. Der „Lufthunderter“ an der A1 wurde eingerichtet, um dem Schutz der Gesundheit der Anrainer:innen an der stark befahrenen Autobahn zu dienen.
Luftschadstoffe gelangen über die Atemwege bis in den Blutkreislauf und können dort Entzündungsreaktionen auslösen. Dadurch wird unter anderem das Risiko für Schlaganfälle, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Lungenkrebs erhöht. Stickoxidbelastung kann auch zu Reizungen und Schädigungen der Atemwege führen und in der Folge auch Erkrankungen wie Asthma auslösen und die Lungenfunktion beeinträchtigen. „Der Lufthunderter an der Autobahn A1 ist damit eine wichtige Maßnahme zur Gesundheitsvorsorge zehntausender Menschen im dicht besiedelten Umland von Linz“, weiß Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.
Die Immissionen an Stickoxidemissionen (NOx) und Stickstoffdioxid (NO2) sind in den 11 Jahren von 2012-2022 markant zurückgegangen, NOx auf etwa die Hälfte, NO2 auf etwa zwei Drittel. Seit 2020 stagnieren die Werte ungefähr, was aber stark mit dem pandemiebedingten Verkehrseinbruch im 2020 zusammenhängt. Durch die Reduktion an Schadstoffen ging auch die Schalthäufigkeit des Tempolimits deutlich zurück.
„Aus umwelt- und gesundheitspolitischer Sicht ist die Verkehrsbeeinflussungsanlage ein absolutes Erfolgsprojekt. Denn diese und viele andere Maßnahmen machten es möglich, die Luftschadstoffe bereits deutlich zu verringern“, freut sich Kaineder. Um ein klares Bild über die vergangene Schadstoffbelastung und mögliche künftige Belastung zu bekommen, wurde die Tempo-100-Strecke einer umfassenden Evaluierung unterzogen, die nun vorliegt.
Ergebnisse des Evaluierungsberichtes – Mai 2022 – April 2023
Im Betriebsjahr Mai 2022 – April 2023 war Tempo100 auf der A1 zwischen Linz und Enns während durchschnittlich 21 Prozent der Betriebszeit geschaltet. Die Schalthäufigkeit geht generell drastisch zurück, denn noch im Jahr 2019 lag die Schalthäufigkeit bei 55 Prozent.
Die A1 zwischen Enns und Asten wies im Betriebsjahr einen durchschnittlichen täglichen Verkehr von rund 70.000 Fahrzeugen auf – rund 2.000 weniger als 2018/19 vor der Pandemie. Dies ist vor allem auf das Pkw-Aufkommen zurückzuführen, das den Vor-Pandemie-Wert noch nicht wieder ganz erreicht hat. Im Vergleich zur Tauernautobahn in Salzburg ist das Verkehrsaufkommen auf der A1 im Bereich Linz um 25 Prozent höher.
Die monatlichen Tempo100-Häufigkeiten schwankten in diesem Betriebsjahr zwischen 11 Prozent (Juni 2022) und 30 Prozent (Dezember 2022). Das Maximum von 23 Stunden mit Tempo100 wurde am 17. Dezember 2022 (Samstag) erreicht. Das Verkehrsaufkommen war hoch und hat zu den anhaltenden Tempo100-Schaltungen beigetragen. An 42 Tagen gab es gar keine Tempo100-Schaltung.
Durch das Tempolimit wurde real eine Geschwindigkeitsreduktion um 9,9 km/h tagsüber und 7,7 km/h nachts erreicht. Auf dem ca. 13 km langen Autobahnabschnitt konnte der gesamte Ausstoß aller Fahrzeuge an Stickstoffoxiden um knapp 5 Prozent und an CO2 um 1,5 Prozent verringert werden. Entsprechend hatte sich auch der gesamte Kraftstoffverbrauch um etwa 1,5 Prozent verringert.
Der Zeitverlust gegenüber Tempo 130 liegt auf der Strecke zwischen Linz und Enns bei nicht einmal 2 Minuten, exakt bei 1 min und 43 sec.
Durch die Schaltung des flexiblen Tempo100-Limits kann das NO2-Jahrsmittel um 1,9 μg/m³, von 30,9 auf 29,0 μg/m³ reduziert werden.
Wie geht es nun mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage weiter?
Die EU-Kommission hat kürzlich einen Entwurf für eine Verschärfung der Luftqualitäts-Richtlinie vorgelegt. Vorgeschlagen werden dabei deutlich strengere Zielwerte zur Luftreinhaltung – insbesondere zur Reduktion der Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub PM2,5.
Hintergrund der neuen Richtlinie sind Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), in denen festgestellt wurde, dass auch bei Schadstoffbelastungen die unter den aktuellen Grenzwerten liegen, Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung entstehen. Laut WHO gibt es einen weitgehenden Zusammenhang zwischen Schadstoffmenge und Krankheitslast. Auch die EU-Umweltagentur geht allein von Feinstaub ausgehender Belastung von 240.000 frühzeitigen Todesfällen in der Europäischen Union jährlich aus.
Im Sinne des Vorsorgeprinzips ist es wichtig, frühzeitig und vorausschauend zu handeln und somit die Belastungen der Umwelt gar nicht erst eintreten zu lassen. Es geht darum Risiken zu vermeiden und vorausschauende umweltpolitische Entscheidungen zu treffen. Denn ist der Schaden bereits eingetreten, muss man diesen durch die Nachsorge beseitigen.
„Die derzeitigen Vorschläge der EU-Kommission zu neuen Grenzwerten bei den Luftschadstoffen begrüße ich nicht nur als für Umwelt- und Klimaschutz zuständiges Mitglied der Oö. Landesregierung, sie sind auch für den Gesundheitsschutz ein enorm wichtiges Instrument. Die neuen Zielvorgaben führen dazu, dass alle politischen Ebenen die Ihnen zur Verfügung stehenden Potentiale zur Verbesserung der Luftqualität nutzen müssen. Aus dem im Immissionsschutzgesetz – Luft, IG-L festgeschriebenen Ziel des vorsorglichen Verringern von Luftschadstoffen und der kommenden neuen strengeren EU-Vorgaben habe ich mich für das Beibehalten des flexiblen Lufthunderters entschieden. Daher bleibt dieser bis auf weiteres jedenfalls bestehen!“, so Kaineder.
Im Immissionsschutzgesetz – Luft, IG-L ist derzeit ein Grenzwert von 30 μg/m3 für den Jahresmittelwert festgelegt. Da ohne Verkehrsbeeinflussungsanlage dieser Wert überschritten würde, kann diese noch weiter verordnet werden. Außerdem ist aus heutiger Sicht zu erwarten, dass für die Einhaltung der strengeren Reglungen der Europäischen Union die Verkehrsbeeinflussungsanlage benötigt wird. „Jedes Mikrogramm reduzierte Luftschadstoffe rettet Menschenleben, daher werden wir weiterhin den Schutz der Gesundheit der Menschen vor wenige Sekunden Zeitgewinn voranstellen“, so Umwelt und Klima-Landesrat Stefan Kaineder abschließend.