Extremwetter – Auswirkungen der Klimakrise auf Lebensraum und Gesundheit – Überarbeitung des Hitzeschutzplans

Pressekonferenz mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch, Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder und Linzer Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger

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Extremwetter – Auswirkungen der Klimakrise auf Lebensraum und Gesundheit – Überarbeitung des Hitzeschutzplans

Extreme Hitze, Hochwasser, Murenabgänge: Österreich hat heuer einen der heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Für dieses Jahr ist auch ein deutlicher Anstieg der Zahl der Hitzetoten zu befürchten. Der Sommer 2023 bricht Rekorde: Sowohl Juni als auch Juli waren weltweit die heißesten Monate seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch in Österreich gehört der Sommer zu den heißesten der 257-jährigen Messgeschichte. Die Temperatur liegt bisher 2,8 Grad über dem langjährigen Mittel. Die Hitzewellen wurden von Unwettern begleitet: In Teilen West- und Südösterreichs fielen im August extreme Regenmengen. Hochwasser und Muren verursachten Millionenschäden.

Auch in Oberösterreich zeigen sich die Folgen der Klimakrise deutlich: Die Zahl der Hitzetage hat sich in den letzten Jahrzehnten bereits verdoppelt. Heute werden in extremen Jahren mehr als 40 Hitzetage, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius, beobachtet. Klimastudien des Landes Oberösterreich zeigen, dass die Hitzebelastung bis zur Mitte des Jahrhunderts auch bei der Einhaltung der Pariser Klimaziele weiter zunehmen wird. Klimabedingte Extreme treten immer häufiger auf und ohne Gegensteuern werden vor allem die künftigen Sommer zu einer immer größeren Gesundheitsgefahr für die Menschen.

„Die Menschen in Österreich litten diesen Sommer an gleich drei Hitzewellen. Die Letzte davon war mit fast zwei Wochen die schwerste. Auf die heißen Tage folgten Tropennächte, in denen man kaum ein Auge zudrücken konnte. Wir haben in den vergangenen Wochen dramatische Auswirkungen der Klimakrise erleben müssen. Klimaschutz ist eine Überlebensfrage und bringt gleichzeitig enorme Chancen mit sich: Wenn wir jetzt handeln, verhindern wir nicht nur die Katastrophe, wir gewinnen vor allem alle gemeinsam mehr Lebensqualität“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Hitzestress belastet Gesundheitssystem

Hitzeperioden und Extremwetterereignisse haben nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Umwelt, sondern stellen auch eine Belastung für die Gesundheit dar. Im vergangenen Jahr sind laut Berechnungen der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bundesweit etwa 231 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben. In besonders heißen Sommern wie heuer ist nach Einschätzung der Expert:innen eine deutliche Steigerung zu befürchten: Die AGES rechnet für dieses Jahr mit 300 bis 500 Todesfällen durch die Hitze.

Auch die Zahl der Krankenhausaufenthalte auf Grund des Diagnosekomplexes “Schäden durch Hitze und Sonne” ist in heißen Sommern um 30 Prozent höher. Pflegebedürftige Menschen benötigen an Hitzetagen besonders viel Betreuung. Mit dem Anstieg extrem heißer Sommer steigt also auch die Belastung des Gesundheitssystems deutlich.

Überarbeitung des bundesweiten Hitzeschutzplans

“Die Entwicklung ist alarmierend. Vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen haben in heißen Sommern ein deutlich erhöhtes Risiko”, schildert. Gesundheitsminister Johannes Rauch. Er sieht auch eine soziale Komponente: Haushalte mit geringem Einkommen sind von den Folgen der Klimakrise am stärksten betroffen.

Rauch kündigte eine Überarbeitung des gesamtstaatlichen Hitzeschutzplans an: “Wir müssen alle Möglichkeiten nützen, die Bevölkerung über das richtige Verhalten zu informieren und Menschen mit erhöhtem Risiko während Hitzewellen gut zu betreuen.”

Besonders wichtig ist deshalb die Einbindung von Stakeholdern aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich, die ihre Erfahrungen aus der Praxis einbringen können. Mit der Überarbeitung des Hitzeschutzplans beauftragt ist das Kompetenzzentrum für Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH. Der überarbeitete gesamtstaatliche Hitzeschutzplan soll noch vor dem Sommer 2024 vorliegen.

Mit den deutschsprachigen Gesundheitsminister:innen hat Rauch bereits einen Erfahrungs- und vor allem Datenaustausch zu Hitzewarnungen und Hitzepräventionsmaßnahmen vereinbart. “Die Überarbeitung des gesamtstaatlichen Hitzschutzplans ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Bevölkerung noch besser zu schützen”, so Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch.

Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, MedUni Wien: „Keine Frage: Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit. Egal ob Hitze, Allergien oder ‚neue‘ Infektionserkrankungen – die Folgen spüren viele schon jetzt. Wenn wir weiterhin zu wenig tun, könnte auch bald die Belastungsgrenze des Gesundheitssystems erreicht werden. Anpassungsmaßnahmen sind selbstverständlich sinnvoll und notwendig; immerhin müssen wir etwas tun, um das Leben auch in der heißen Zukunft erträglicher zu machen. Aber Anpassung hat Grenzen. Klimaschutz und Vorsorge sind daher unabdingbar.“

Lebensräume klimafit gestalten

Gelingt es nicht, den weltweiten CO2-Ausstoß zu verringern, dann zeigen die Klimastudien des Landes Oberösterreich, dass im Extremfall bis zum Ende des Jahrhunderts bis zu 74 Hitzetage in einem Jahr möglich sind. Echte Gegenmaßnahmen gegen die Folgen der Klimakrise benötigen ein langfristiges Umdenken: “Wir müssen besonders die großen Ballungszentren klimafit machen. Klares Ziel: mehr Bäume und Grünräume, weniger Beton und Asphalt!” betont Oberösterreichs Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, der mit

“Damit die Raumplanung die Auswirkungen der Klimakrise berücksichtigt, stellen wir die Regionalklimaanalysen als Datengrundlage zur Verfügung. Außerdem fördern wir aus dem Klimaressort des Landes die Entsiegelung von Flächen. Entsiegelte und begrünte Flächen sind nicht nur für die Artenvielfalt ein Segen, sie helfen uns auch gegen die Gefahren von Überschwemmungen und Hochwasser und sie schützen klarerweise vor Überhitzung“, so Kaineder.

Klimaanpassung in der Stadt Linz

Gerade im dichtverbauten städtischen Raum haben zunehmende Hitzeperioden und Extremwetterereignisse besonders schwerwiegende Auswirkungen auf die Wohnbevölkerung. Hoher Versiegelungsgrad und wenig Grün führen etwa zu zusätzlichen Hitzeinseleffekten oder lokalen Überflutungen bei Starkregenereignissen. Wenn unsere Städte auch in 20 Jahren attraktive Lebensräume bleiben sollen, müssen wir jetzt handeln. Genau das tut die Stadt Linz. In der kommenden Gemeinderatssitzung steht die Fortführung der Baumpflanzoffensive am Programm. Damit werden im Linzer Neustadtviertel künftig 30 neue Bäume den Straßenraum aufwerten.

Ende Juni hat der Linzer Gemeinderat einstimmig das Anpassungskonzept „Zukunft Linz“ als grundlegende Leitlinie für die notwendige Klimawandelanpassung der Stadt beschlossen. Es steckt die Rahmenbedingungen ab, wie die Lebensqualität im Stadtgebiet trotz der Folgen der globalen Erhitzung bestmöglich erhalten und sogar verbessert werden kann. Begleitend dazu wurde das erste Aktionsprogramm mit 30 konkreten Umsetzungsmaßnahmen beschlossen. Hier geht es um das Schaffen von zusätzlichen Grünflächen und den Bau neuer Trinkwasserbrunnen genauso wie um den Schutz von bestehendem Grün, die Entwicklung eines Hitzenotfallplans oder etwa die bessere Nutzung von Dachwässern. Zugleich arbeitet die Stadt Linz an einem Klimaneutralitätskonzept 2040, denn Klimaschutz und Klimaanpassung müssen Hand in Hand gehen.

„Die Hitzewellen und Unwetterereignisse der letzten Monate haben uns einmal mehr spüren lassen, wie wichtig der klimagerechte Umbau unserer Stadt ist. Das Anpassungskonzept ist ein Meilenstein in der Linzer Klimaarbeit. Es wird eine wichtige Grundlage sein, um unsere Stadt langfristig lebenswert zu erhalten. Die Schwerpunkte liegen in der klimagerechten Stadt- und Mobilitätsentwicklung sowie der Stadtbegrünung. Wichtig ist uns dabei, dass auch die sozialen Folgen der Klimakrise immer im Fokus stehen. Daher wurden beispielsweise bei der Erstellung der Risikokarte Hitze, die als Basis für weitere Maßnahmen dienen soll, nicht nur stadtklimatologische Faktoren berücksichtigt, sondern z.B. auch die Einkommenssituation oder die Altersverteilung der Wohnbevölkerung im jeweiligen Stadtviertel“, so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.