Bilanz zur neuen Entsiegelungsförderung des Landes Oberösterreich

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, Mag.a Sandra Urban (Bodenschutzexpertin – Land OÖ) und DI Gregor Mader (Zivilingenieur – studio blaugruen)

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OÖ Umweltressort geht auf Aufriss – Bilanz zur neuen Entsiegelungsförderung des Landes Oberösterreich – erste Bodenrettungsprojekte umgesetzt – gesunde Böden schützen auch vor Hochwassergefahr

Täglich werden allein in Oberösterreich rund 21.000 Quadratmeter Boden für Siedlungs-, Verkehrs- und Geschäftsflächen verbraucht. Rund 40 Prozent dieser Fläche werden im Durchschnitt versiegelt oder überbaut und damit der Boden zerstört. „Wir können nicht weiter unsere produktivsten Böden zubetonieren. Neben der Ausweisung und dem Schutz von wertvollen landwirtschaftlichen Flächen, braucht es aber auch aktives Handeln für den Klimaschutz. Denn Bodenschutz ist Klimaschutz und Ernährungssicherung“, betont Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.

Um der zunehmenden Versiegelung etwas entgegen zu setzen, geht das oberösterreichische Umwelt- und Klima-Ressort seit rund einem Jahr mit einem österreichweit einzigartigen Förderprogramm auf Aufriss. Ziel ist die Entsiegelung von asphaltierten und betonierten Flächen. Unterstützt werden Betriebe, Gemeinden und Einzelpersonen, die wasserundurchlässige Flächen, wie etwa Parkplätze, aufreißen sowie naturnah und klimafit gestalten. „Gesunde aufnahmefähige Böden sind angesichts der drohenden Niederschlagsmengen in den kommenden Tagen eine wichtige Versicherung gegen Überflutungen und Hochwasser. Ein Quadratmeter gesunder Boden kann bis zu 200 Liter Wasser aufnehmen“, gibt Kaineder zu bedenken.

„Gerade auch in Oberösterreich werden weiter die fruchtbarsten Äcker zubetoniert, gesunde Wälder geschlägert und viele Ortszentren verkümmern. Gesunde Böden sind unsere Lebensgrundlage. Auf ihnen wächst das Gemüse, das wir essen und sie sorgen für sauberes Trinkwasser. Mit der neuen Initiative wollen wir einerseits betonierte und asphaltierte Flächen wieder öffnen und natürliche Bodenfunktionen wiederherstellen. Andererseits möchten wir sensibilisieren, damit mehr Rücksicht, vor allem auch in den Gemeinden entsteht, wenn es etwa um neue Widmungen oder Planungen für öffentliche Plätze geht“, so Landesrat Kaineder.

„Die Hitzewelle im Sommer hat uns wieder schmerzhaft vor Augen geführt, wie sich Beton-, Stein- und Asphaltwüsten aufheizen und auch für schwere gesundheitliche Probleme sorgen können. Mit der Entsiegelungsförderung möchten wir auch einen Beitrag für klimafitte Gemeinden und Städte leisten. Mehr Bäume und Grünräume statt Beton und Asphalt ist das Credo, wenn wir uns auf die Klimaveränderungen einstellen wollen“, so Kaineder zur Initiative des Umwelt- und Klimaschutzressorts des Landes Oberösterreich.

Wieso entsiegeln?

Entsiegelungsförderung der Abteilung Umweltschutz

Vor allem in städtischen Ballungsräumen und in Ortskernen ist ein Großteil des ursprünglichen Bodens mittlerweile versiegelt, das heißt durch Asphalt, Beton oder Pflasterungen bedeckt. Das hat Vorteile für die verkehrstechnische Nutzung, bringt aber auch viele Nachteile, da die natürlichen Bodenfunktionen nicht mehr genutzt werden können. Die Artenvielfalt sinkt, die Resilienz gegen extreme Wetterverhältnisse wird erschwert und es entstehen lokale Hitzeinseln.

Nachteile der Bodenversiegelung:

  • Hitzeinseln: Ist der Boden einmal versiegelt, kann keine Verdunstung mehr stattfinden. Die Sonnenenergie wird in Wärme umgewandelt und im Boden oder Asphalt gespeichert und strahlt nachts ab. Bei natürlichen unversiegelten Oberflächen ist mit der Verdunstung von Wasser durch die Pflanzen und von der Bodenoberfläche eine fühlbare Abkühlung der umgebenden Luft verbunden – man spricht von der sog. Kühlleistung des Bodens.
  • Störung des natürlichen Wasserhaushalts: Natürlicher Boden filtriert und speichert Wasser und trägt damit zur Bildung von Grundwasser bei. Auf versiegelten Flächen fehlen dieser Puffer- und Filterwirkung und das Wasser fließt im schlechtesten Fall ungenutzt in die Kanalisation.
  • Verlust der Artenvielfalt: Die Mikroorganismen verlieren durch die Versiegelung den Zugang zu Nahrung, Luft und Wasser – mit erheblichen Konsequenzen für die Biodiversität und damit auch für die verbundenen Ökosystemleistungen aus der Perspektive des Menschen – von Gesundheit bis Ernährung, Mikroklima bis Lebensqualität. Zudem geht die Fläche als Standort für Pflanzen verloren.
  • Staubbindung: Böden binden einen Großteil des Staubes, welcher mit der Luft transportiert wird. Sind Oberflächen versiegelt und herrscht Trockenheit vor, werden diese Stäube nicht gebunden und gelangen wieder in die Luft.
  • Nährstoff- und Kohlenstoffspeicher: Böden spielen eine zentrale Rolle im Nährstoff- und CO2-Kreislauf, werden Böden versiegelt nehmen sie nicht mehr an diesem teil.

Entsiegelung als wichtige Bodenschutz-Maßnahme

Eine Schlüsselmaßnahme besteht darin, wo immer möglich Flächen wieder zu entsiegeln – und im besten Fall zu begrünen. Bereits kleine Entsiegelungen haben einen wesentlichen Effekt auf die Lebensqualität und auf die Biodiversität.

Aus diesen Gründen fördert die Abteilung Umweltschutz seit Oktober 2022 die Entsiegelung von Flächen und deren bodenschonende Neugestaltung.

Eckpunkte der Förderung:

  • Gefördert wird die Entsiegelung von durchgängigen Flächen >100 Quadratmeter
  • Die Förderung ist offen für Grund- und Gebäudeeigentümer:innen und autorisierte Personen
  • Gefördert wird
    • Die Entsiegelung befestigter Flächen mit Wiederherstellung eines möglichst standorttypischen Bodenaufbaus
    • Der Wechsel von Bodenbelägen zur Verbesserung der Versickerungsfähigkeit und Biodiversitätsförderung – wie etwa Rasengittersteine oder Schotterrasen (Teilentsiegelung), sowie
    • Maßnahmen zur standortgerechten Begrünung

Förderbedingungen:

  • Einreichung vor Baubeginn
  • Keine Versiegelung der Fläche in den kommenden 10 Jahren nach Förderzusage. die Fördermittel können in diesem Fall zurückverlangt werden.
  • Fertigstellungsfrist 1 Jahr: Die Maßnahme muss innerhalb von 12 Monaten ab Förderungszusicherung umgesetzt und abgerechnet werden.
  • Keine Gefährdung von Grund – und Oberflächengewässer – gegebenenfalls sind die Maßnahmen mit der zuständigen Wasserrechtsbehörde abzuklären.
  • Bestätigung über die sachgerechte Entsorgung des Abbruchmaterials

Fördersummen:

  • 30 €/m² max. 75.000 € pro Projekt max. 70% der Gesamtinvestition
  • 40 €/m² max. 80.000 € der Gesamtinvestition bei Bodenbündnisgemeinden

Einreichungen

Bisher wurden 47 Förderansuchen eingereicht.

Insgesamt werden über das Förderprogramm 14.246 Quadratmeter entsiegelt.

Umsetzungsbeispiele

Blaugrüne Infrastruktur

Lebendige Freiräume schaffen Atmosphäre

Das Ziel der blaugrünen Infrastruktur ist es, Städte widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Herausforderungen wie Starkregen, Hitzeperioden und Luftverschmutzung zu machen. Es geht darum, das städtische Umfeld lebenswerter und nachhaltiger zu gestalten, indem ökologische Systeme besser integriert und gleichzeitig Ressourcen wie Wasser effizienter genutzt werden.

„Der blaugruene Denkansatz bietet Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Erhalt der Artenvielfalt sind nur einige davon. Die Potentiale und Möglichkeiten, die blaugruene Freiräume mit sich bringen, liegen auf der Hand: freie, unbebaute Räume sind Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanze, sowie Regulatoren des Kleinklimas und Wasserhaushaltes“, erklärt der Zivilingenieur Gregor Mader vom studio blaugruen. „Der verantwortungsvolle Umgang mit den Ressourcen Wasser und Boden ist der Schlüssel zu lebendigen, lebenswerten Freiräumen. Wasser ist die Grundlage jeglichen Lebens und Wachstums, ein kühlendes Element, das für gutes Kleinklima sorgt. An blaugruenen Orten wird Regenwasser in angenehme Atmosphäre transformiert, und es entwickelt sich sanftes, blaugruenes Leben“, so Mader.