Bilanz über die Luftschadstoffe in Oberösterreich

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht (Lungenfacharzt und Vorstand Universitätsklinikum für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie) und DIin Regina Pürmayr (Leiterin Gruppe Luftgüte und Klimaschutz – Land OÖ)

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Bilanz über die Luftschadstoffe in Oberösterreich – Mögliche Gefahren und Auswirkungen von Luftverschmutzung auf Umwelt und Gesundheit

„Dass die Qualität der Luft, die wir so selbstverständlich täglich einatmen, eine Auswirkung auf die Gesundheit der Menschen hat, ist nicht zu leugnen. Klares Ziel der Politik muss daher natürlich sein, Schadstoffe in der Luft möglichst zu minimieren“, erklärt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.

Laut einer im Fachmagazin „The Lancet“ erschienen Studie ist Luftverschmutzung für jährlich weltweit 6,5 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich. Auch die EU-Umweltagentur geht allein von Feinstaub ausgehender Belastung von 240.000 frühzeitigen Todesfällen in der Europäischen Union im Jahr 2020 aus.

Hier spielt auch der Klimaschutz eine wesentliche Rolle. Gerade der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 bedingt in der Regel auch ein gleichzeitiges Emittieren von gesundheitsschädlichen Stickoxiden und Feinstaub. Klimaschutzmaßnahmen im Mobilitätsbereich sind daher auch für die Gesundheitsvorsorge von enormer Bedeutung. Die Treibhausgasemissionen im Sektor Verkehr haben von 1990 bis 2021 um 65 Prozent zugenommen. Der langfristige Trend der Luftgüte in Oberösterreich zeigt jedoch klar: Feinstaub und Stickstoffdioxid gehen kontinuierlich zurück. Der Hauptgrund in dieser Entwicklung sind enorme technische Verbesserungen bei den Abgasreinigungen von fossil betriebenen Fahrzeugen und der Umstieg auf Elektromobilität.

In den vergangenen zehn Jahren war in Oberösterreich die Messstation auf der A1 bei Enns-Kristein von großem Interesse, da Strafzahlungen der Europäischen Union wegen Übertretung von Grenzwerten drohten. Um die Emissionen auf einer der am stärksten befahrenen Autobahn Österreichs in den Griff zu bekommen, wurde daher eine Verkehrsbeeinflussungsanlage installiert. „Die Verkehrsbeeinflussungsanlage an der Autobahn A1 ist eine wichtige Maßnahme zur Gesundheitsvorsorge zehntausender Menschen im dicht besiedelten Umland von Linz. Diese und viele andere Maßnahmen machten es möglich, unter die von der europäischen Union festgesetzten Grenzwerte für Luftschadstoffe zu kommen“, stellt Kaineder klar.

Ob die Anlage abgebaut werden muss, wird sich Mitte des Jahres nach einer detaillierten Evaluierung und Prognose herausstellen. „Aus umwelt- und gesundheitspolitischer Perspektive wäre es aus meiner Sicht durchaus wünschenswert, könnten wir die Maßnahme beibehalten. Der Schaden für Gesundheit und Umwelt überwiegt aus meiner Sicht den Vorteil eines minimalen Zeitgewinns. Heute möchten wir neben der Präsentation der aktuellsten Daten unser Messstellen aber auch die gesundheitlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen ins Zentrum rücken“, freut sich Umwelt- und Klima-Landesrat über die Teilnahme von Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht.

Bilanz Luftgüte in Oberösterreich – Saubere Luft für Mensch und Natur 

Bei Betrachtung der Stickoxide sehen wir bei Start der Messreihe Jahresmittelwerte jenseits von 70 µg/m³ Stickstoffdioxid (NO2). Bei den auch für mögliche Strafzahlungen relevanten Messstellen Enns-Kristein und Linz-Römerberg liegen Mitte der 2000er Jahre die Jahresmittelwerte noch in der Höhe von 50 und 60 µg/m³. Die EU-Luftqualitätsrichtlinie sieht einen Grenzwert von 40 µg/m³ vor. An beiden Messstellen ist man mittlerweile unterhalb dieses Grenzwertes der EU-Luftqualitätsrichtlinie. Im österreichischen Immissionsschutzgesetz-Luft ist ein Grenzwert von 30 µg/m³ mit einer Toleranzmarge von 5 µg/m³ ab dem 1. Jänner 2010 festgelegt.

An der Messstelle Linz-Römerberg betrug der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid im Jahr 2022 31,7 µg/m³ und er liegt damit trotz deutlich gestiegenen Verkehrsaufkommens auf dem Niveau des Vorjahres, in dem der Jahresmittelwert 31,5 µg/m³ betrug.

Das Verkehrsaufkommen erreichte im Jahr 2022 bereits 94 Prozent im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie, in den Jahren 2020 und 2021 lag das Verkehrsaufkommen bei 87 Prozent. Die Messstelle Linz-Römerberg ist jene verkehrsnahe Messstelle, die repräsentativ für alle Straßenabschnitte mit hoher Verkehrsbelastung im Ballungsraum Linz ist.

Hauptverursacher für Stickoxidemissionen ist der Verkehr, er emittiert in Österreich 48 % der NOx Emissionen, von der Industrie werden 20 % der Stickoxidemissionen verursacht.

Der Rückgang der giftigen Stickstoffdioxid-Emissionen im Bereich Verkehr in den letzten Jahren ist auf die Abgasnachbehandlung bei Diesel-Motoren (Ad blue) sowie auf den zunehmenden Umstieg auf Elektromobilität zurückzuführen.

So wie an allen Messstellen des Landes ist die Stickstoffdioxid (NO2) Belastung im Jahr 2022 auch an der Messtelle Enns-Kristein abermals niedriger als in den Jahren vor der Pandemie. Obwohl an der Messstelle Enns-Kristein das Verkehrsaufkommen im Jahresmittel von 79 Prozent im Jahr 2020, auf 89 Prozent 2021 nun auf 96 Prozent im Jahr 2022 im Vergleich zum Verkehrsaufkommen vor der Pandemie wieder stetig gestiegen ist, beträgt der Jahresmittelwert 2022 für Stickstoffdioxid 29,7 µg/m³ und der Jahresmittelwert liegt damit deutlich unter dem Wert von 31,7 µg/m³ im Jahr 2021.

In der nachfolgenden Grafik sind die Monatsmittelwerte für Stickstoffdioxid der Jahre 2018 und 2019 und zum Vergleich zum Jahr 2022/23 dargestellt. Auch hier ist die deutliche Abnahme der Stickstoffdioxidimmissionen zu sehen.

Bei Sickoxiden (NOx) ist der Verkehr als Hauptverursacher der Schadstoffbelastungen auszumachen. Um die Grenzwerte, die im Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) bzw. der EU-Luftqualitätsrichtlinie festgelegt sind, zu unterschreiten, musste im Jahr 2008 an der Autobahnstrecke der A1 vom Knoten Linz bis zur Anschlussstelle Enns-Steyr eine Verkehrsbeeinflussungsanlage installiert werden, die nach Überschreitung des Schwellenwertes ein Tempo 100-Limit vorgibt. Im März 2021 wurde aufgrund der in den letzten Jahren bereits unterschrittener Grenzwerte der EU-Luftqualitätsrichtlinie und rechtlicher sowie fachlicher Vorgaben eine Reduktion der Schalthäufigkeit der Geschwindigkeitsbegrenzung vorgenommen.

Mitte des Jahres 2023 wird evaluiert, ob eine Aufhebung des 100-er Limits auf der A1 vorgenommen werden muss.

Feinstaub

Bei Feinstaub unterscheidet man zwischen Feinstaub PM10, das sind jene Teilchen des Schwebstaubs, die kleiner als 10 µm sind und Feinstaub PM2,5, das ist jene Fraktion des Feinstaubs, bei denen die Teilchen kleiner als 2,5 µm sind.

Auch bei den Feinstaubtagen, das sind Tage an denen der Tagesmittelwert an Feinstaub PM10 über 50 µg/m³ liegt, ist eine deutliche Verbesserung zu sehen. Die höchsten Werte traten im Jahr 2003 mit 75 bzw. 76 Überschreitungstagen an den Messtellen Linz-Römerberg und Linz-Neue Welt auf. Im Jahr 2022 registrierten wir an der Messstelle Linz-Stadtpark Ende Oktober und am 31. Dez. 2022 bei der Messstelle Linz-Stadtpark jeweils nur mehr einen einzigen Überschreitungstag.

Im Jahr 2005 wurde mit der Messung der Feinstaubfraktion PM2,5 begonnen. Auch hier sieht man einen deutlichen Rückgang. Lagen vor 2010 die Konzentrationen im Jahresmittelwert noch über 20 µg/m³, so wurde im Jahr 2022 der höchste Wert an der Messstelle Linz-Römerberg mit 12,3 µg/m³ gemessen.  

Feinstaub wird vorwiegend durch Hausbrand, Verkehr und durch die Industrie verursacht. Der Rückgang der Immissionen ist hauptsächlich auf einen Rückgang der Emissionen durch den Einbau von Filteranlagen in der Industrie und verbesserte Verbrennungstechnologien im Verkehr zurückzuführen. Im Bereich Hausbrand führen der Ausbau der Fernwärme, der Umstieg auf Wärmepumpen und auch die zunehmend milden Winter der letzten Jahre zu geringeren Emissionen.

Zudem werden durch den Klimawandel Inversionslagen seltener und sind schwächer ausgeprägt. Eine Studie der GeoSpere Austria und TU Graz aus dem Jahr 2018 ergab, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Tag mit Inversionswetterlage seit 1961 im österreichweiten Durchschnitt um 11 Prozent abgenommen hat. Auch die dadurch verbesserten Ausbreitungsbedingungen tragen dazu bei, dass die Schadstoffkonzentrationen in der Luft sinken.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im September 2021 neue, aufgrund von Forschungsergebnissen niedrigere Richtwerte für Luftschadstoffe veröffentlicht und im Oktober 2022 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Revision der EU-Luftqualitätsrichtlinie vorgelegt, die zum Ziel hat, sich schrittweise an die von der WHO neu veröffentlichten niedrigen Richtwerte für Luftschadstoffe anzunähern.

Derzeit wird der Vorschlag unter den 27 EU-Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhandelt und es ist aufgrund der gesundheitlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen zu erwarten, dass die Europäische Union die Grenzwerte zur Luftreinhaltung senken wird.

Gesundheitliche Auswirkungen von Luftschadstoffen

Feinstaub gelangt nach Eintritt über die Atemwege bis in den Blutstrom und löst Entzündungsreaktionen im menschlichen Körper aus. Dadurch wird unter anderem das Risiko für Schlaganfälle, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Lungenkrebs erhöht. Stickoxide (NOx) führen zu Reizungen und Schädigungen in den Atemwegen und können in der Folge Erkrankungen (Asthma) auslösen und die Lungenfunktion beeinträchtigen. Studien konnten belegen, dass nicht nur Langzeitbelastungen durch Feinstaub, sondern auch wiederholte kurzzeitige Belastungen negative gesundheitliche Auswirkungen nach sich ziehen. Aus medizinischer Sicht sind Bemühungen um eine Verbesserung der Luftqualität daher sehr wertvoll und die bereits erreichten Reduktionen der Schadstoffkonzentrationen erfreulich.

„Weitere Verbesserungen der Luftqualität sind erstrebenswert, da negative gesundheitliche Auswirkungen nicht erst jenseits von den von der EU festgelegten Grenzwerten für den Jahresmittelwert von Feinstaub oder Stickoxiden auftreten, sondern einer nachvollziehbaren Dosis-Wirkungs-Beziehung unterliegen. Daher empfiehlt die WHO in ihrem aktuellen Luftqualitätsbericht, sich nach Möglichkeit an noch niedrigere Grenzwerte anzunähern“, so Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht.