Immer längere Trockenperioden durch die Klimakrise als Herausforderung für den Wasserschatz

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder und DI Christian Kneidinger (Leiter Gruppe Trinkwasser und Abwasser – Land OÖ)

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Immer längere Trockenperioden durch die Klimakrise als Herausforderung für den Wasserschatz –

Oberösterreichs Strategien zur nachhaltigen Sicherung der Wasserversorgung

Eine heftige Trocken- und Hitzeperiode lässt in Oberösterreich gerade den Atem anhalten. Brände auf Getreidefeldern und Holzlagerstellen Oberösterreichs sind derzeit an der Tagesordnung und die Feuerwehren im Dauereinsatz um ein Übergreifen der Flammen auf Gebäude oder Wälder zu verhindern. Die zunehmende Hitze wird auch immer mehr zum Gesundheitsproblem. Voriges Jahr mussten in Österreich 419 Hitzetote betrauert werden.

Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte ist die Jahresmitteltemperatur in Oberösterreich um 1,4 Grad Celsius gestiegen. In Oberösterreich haben sich in den letzten Jahrzehnten die Hitzetage – also Tage mit Temperaturen über 30 Grad Celsius – mehr als verdoppelt. Bereits heute werden in extremen Jahren mehr als 40 Hitzetage beobachtet. Tendenz laut oberösterreichischer Hitzestudie stark steigend.

„In Hitzeperioden wie dieser spüren wir die Klimakrise am eigenen Leib und wir sehen wie Natur und Landwirtschaft leiden. Mittlerweile verursachen Dürren in Österreich aber mehr Schäden als alle anderen Naturkatastrophen zusammen. Bis 2050 wird eine Zunahme von Dürreschäden auf das Vierfache erwartet“, warnt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.

Die zunehmende Hitze und Trockenheit setzt nicht nur den Menschen, der Landwirtschaft und ganzen Ökosystemen zu, auch der Wasserschatz in Oberösterreich ist Veränderungen durch der Klimakrise ausgesetzt. „Unser Heimatland sitzt glücklicherweise auf sehr mächtigen Grundwasserköpern und damit auf einem regelrechten Trinkwasserschatz, den es zu schützen und zu bewahren gilt. Die Klimakrise stellt uns hier aber vor Herausforderungen und es ist vordringliche Aufgabe, die Trinkwasserversorgung auf Generationen sicherzustellen“, stellt Kaineder klar.

Aktuelle Grundwasserstände und Tendenzen

Im Mai 2023 wurden im Monatsdurchschnitt bei den Grundwasserleitmessstellen des Hydrographischen Dienstes OÖ noch gleichbleibende, sowie steigende bis stark steigende Grundwasserstandswerte registriert. Die Grundwasserstände im Mühlviertel lagen deutlich über dem langjährigen Monatsmittel, hier wurden sogar die höchsten Tageswasserstände der langjährigen Zeitreihe erreicht bzw. teilweise überschritten. Das Eferdinger Becken, das Nördliche Machland und die Welser Heide befanden sich im Mai weit über dem langjährigen Monatsschnitt, das Linzer Feld und das Vöcklagebiet und das Inngebiet lagen über dem langjährigen Mittel. Da im Mai die Niederschlagsmonatssummen mit 77 Prozent unter dem langjährigen Mittel lagen und im Juni sogar nur noch 31 Prozent erreicht wurden, wirkten sich die geringeren Regenmengen bereits ab Mitte Mai auf die Tendenzen der Grundwasserstände aus.

Für den Großteil der oberösterreichischen Grundwasserkörper haben sich, für diese Jahreszeit nicht unüblich, daher wieder fallende Wasserstände eingestellt. Da die Grundwasserkörper im Frühjahr gut gefüllt waren, ist noch ein Abstand zu den niedrigsten gemessenen Wasserständen vorhanden, kann aber durch länger anhaltende trockene Phasen in den Sommermonaten durchaus erreicht werden. Die mittel bis langfristigen Niederschlagsprognosen lt. Geosphere Austria werden als sehr wechselhaft bezeichnet und es ist mit Schauer- und Gewitterneigung zu rechnen. Es sind zwar für das nächste Monat keine flächendeckenden und langanhaltende Niederschläge prognostiziert, aber der Dürreindex pendelt um den Normalbereich und zeigt trotz höherer Temperaturen keine stark fallenden Tendenzen.

Die Auswirkungen der niederschlagsarmen Zeit sind mittlerweile auch im Oberflächengewässer ersichtlich. Hier liegen zwar einige Gewässer noch im Mittelwasserbereich bzw. noch knapp darunter, aber auch hier gehen die Tendenzen Richtung Niedrigwasserstände. Derzeit treten hier noch weniger Probleme auf, wenn es allerdings noch zu längeren trockenen Phasen kommt, dann ist hier wieder mit niedrigen Wasserständen zu rechnen.

Grundwasserkörper in OÖ in einem mengenmäßig guten Zustand

Derzeit sind alle in Oberösterreich gelegenen Grundwasserkörper in einem guten mengenmäßigen Zustand. Der aktuelle Nutzungsgrad der oö. Grundwasserkörper beträgt zwischen 2 und 59 Prozent Neben dem hohen industriellen Nutzungsanteil in den Regionen entlang großer Flüsse (z.B. Linzer Becken) stellt auch die Grundwassernutzung der Wasserversorgung durch Brunnen einen hohen Anteil an der Gesamtnutzung dar. Der oö. Wasserbedarf für die Trinkwasserversorgung beträgt derzeit jährlich rund 117 Mio. m3. Dies sind rund 57 Prozent des gesamten Wasserbedarfs und 7 Prozent der verfügbaren (nachhaltig nutzbaren) Grundwasserressource.

Zu den Grundwasserkörpern in Oberösterreich kann aus fachlicher Sicht festgehalten werden, dass bei länger anhaltender Trockenheit in hydrogeologisch sensiblen Gebieten wie z.B. im Kristallin der Böhmischen Masse (Mühlviertel und Sauwald), im Schlierhügelland, in der Flyschzone oder in Teilen der Traun-Enns-Platte vereinzelt mit Engpässen zu rechnen ist. Wie sich gezeigt hat, sind Kleinst- und Einzelwasserversorgungsanlagen die krisenanfälligste Art der Wasserversorgung. Dies insbesondere in jenen Regionen, in denen die Grundwasserstände rasch auf Trockenperioden reagieren bzw. die Ressourcen in Trockenjahren deutlich vom langjährigen Mittel abweichen. Dies zeigen auch die oberösterreichweiten jährlichen Aufzeichnungen an Nutzwasser-Transporten der Freiwilligen Feuerwehren. Insbesondere sind in diesen Gebieten jene Wasserversorger betroffen, die sich vorrangig über Quellen versorgen oder die nicht über mehrere Standbeine (Brunnen oder Verbindungen zu benachbarten Wasserversorgern) verfügen.

Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung

In Oberösterreich wurde im Jahr 2005 die Landesstrategie „Zukunft Trinkwasser“ nach einem umfassenden Arbeits- und Beteiligungsprozess aller Interessentengruppen einstimmig im Oö. Landtag beschlossen. Diese Strategie widmet sich insbesondere den Themen Grundwasserschutz, Verteilstruktur und Organisationsform. Auch die Bereiche Einzelwasserversorgung, Krisenvorsorge und Notwasserversorgung sowie Zugriff und Vermarktung werden behandelt. Die Landesstrategie „Zukunft Trinkwasser“ hat bis heute nichts an ihrer Aktualität verloren und dient daher nach wie vor als verbindliche Richtschnur für politische Weichenstellungen und Agieren in der Verwaltung im Bereich Trinkwasser in Oberösterreich.

Aufbauend auf den Festlegungen der Landesstrategie „Zukunft Trinkwasser“ wurde in OÖ das Instrument der Trinkwasserversorgungskonzepte (TWVK) entwickelt und inhaltlich standardisiert. Dieses soll in Gemeinden mit einem noch nicht sehr hohen Anschlussgrad (Richtwert <95 Prozent) als unterstützende Planungsgrundlage dienen, um im Bedarfsfall einen wirtschaftlichen Auf- bzw. Ausbau der öffentlichen Trinkwasserversorgungsstruktur zu ermöglichen. Der Fokus steht dabei auf der Abgrenzung sog. „Gemeinsamer Versorgungszonen“, innerhalb derer ein gemeinsames Leitungsnetz auf Basis einer wirtschaftlichen Betrachtung betrieben werden sollte. Künftige Entwicklungen und Raumplanungen werden dabei berücksichtigt.

Ein TWVK stellt auch ein wesentliches Beurteilungskriterium für Förderungsanträge dar. In mehr als der Hälfte der oö. Gemeinden mit einem Anschlussgrad <95 Prozent wurde das TWVK bereits fertiggestellt.

Als nächster Schritt wurde das Projekt „Gemeindeprozess – Trinkwasserversorgung 2030“ gestartet. Dabei wird am Beispiel von 4 Pilotgemeinden eine Entwicklungsstrategie erarbeitet, wie der Umsetzungsprozess vom TWVK zu konkreten Maßnahmen in der Gemeinde gelingen kann. Ergebnis dieses Projektes, das sich in seiner finalen Phase befindet, soll eine Handlungsanleitung bzw. -empfehlung in Form eines Leitfades werden.

Technische Maßnahmen

  • Ausbau der öffent. Wasserversorgung in geschlossenen Siedlungsgebieten

Der Anschlussgrad an öffentliche Wasserversorgungsanlagen betrug im Jahr 2003 in OÖ rd. 78 Prozent, das entsprach etwa 1,07 Mio Einwohnern. Seither konnte der Anschlussgrad auf rd. 85 Prozent gesteigert werden, das entspricht rd. 1,25 Mio. Einwohner:innen. Eine Erhöhung des Anschlussgrades in der öffentlichen Wasserversorgung ist von derzeit 85 Prozent auf 90 Prozent bis 2030 geplant.

Die letzten Trockenjahre haben eindrucksvoll gezeigt, dass insbesondere private Einzelwasserversorgungsanlagen in länger andauernden Trockenperioden Versorgungsprobleme zeigen. In den letzten 20 Jahren konnten insgesamt fast 200.000 Personen zusätzlich an öffentliche, qualitätsgesicherte Trinkwasserversorgungsanlagen angeschlossen werden. Insbesondere in ländlich geprägten Versorgungsbereichen von Oberösterreich konnten durch die Gründung von rd. 500 Wasserversorgungsgenossenschaften an die rd. 12.000 Hausbrunnen (ca. 30.000 Personen) in eine gemeinsame, wasserrechtlich bewilligte und dem Stand der Technik entsprechende Versorgung übergeführt werden.

  • Ausbau regionaler Versorgungsstrukturen

In Anbetracht der Erkenntnisse der letzten Jahre und der Prognosen für die Zukunft in Bezug auf Klimawandel und demografischer Entwicklung wird hier Augenmerk auf jene Bereiche zu richten sein, für die sich künftig ein Spannungsfeld zwischen Dargebot und Bedarf abzeichnet. Diesbezüglich ist geplant, Dialogprozesse auf regionaler Ebene mit Gemeinden und größeren Wasserversorgern zu starten.

  • Verbundleitungen, Vernetzung zw. Wasserversorgern

Verbindungen zwischen benachbarten Wasserversorgern werden angestrebt und wurden auch umgesetzt. Ziel ist die gegenseitige Absicherung im Bedarfsfall, nicht jedoch die Substitution von Gewinnungsanlagen (etwa bei konkurrierenden Flächennutzungen oder erhöhten erforderlichen Aufwendungen für den Schutz des Gewinnungsgebietes).

Beispielgebend können hier 10 Gemeinden im Bereich des Antiesentals im Innviertel angeführt werden, die ausgehend von einer umfangreichen Studie zu Hydrogeologie und Versorgungssituation Vernetzungen und Verbindungen realisierten und so die Versorgungssicherheit deutlich verbesserten. Diese Maßnahmen wurden und werden auch durch dahingehende Beratung, sowie finanziell mit Bundes- und Landesförderungen unterstützt.

  • Zusätzliche Brunnen bzw. Quellen als zweites bzw. unabhängiges Standbein,

In den vergangenen 20 Jahren wurden in Oberösterreich eine Vielzahl an neuen Wasserspendern bei kleineren, mittleren und großen Wasserversorger errichtet. Ein Großteil davon stellen 2. bzw. unabhängige Standbeine für die Wasserversorgung dar. Diese Maßnahmen wurden und werden auch durch dahingehende Beratung, sowie finanziell mit Bundes- und Landesförderungen unterstützt.

  • Errichtung von Wasserspeicher,

Wasserspeicher können nur sehr eingeschränkt als taugliche Vorsorge für Wassermangel in Folge des Klimawandels betrachtet werden. Sie dienen dem Ausgleich im Wesentlichen des täglichen/2-tägigen Bedarfsverlaufes mit der gewinnungsseitigen Verfügbarkeit. Im Fall technischer Gebrechen oder erforderlicher Wartungen dienen Wasserspeicher auch einer Erhöhung der (kurzfristigen) Versorgungssicherheit.

Diese Maßnahmen wurden und werden auch durch dahingehende Beratung, sowie finanziell mit Bundes- und Landesförderungen unterstützt.

  • Reduzierung Wasserverluste

Die Reduzierung von Wasserverlusten ist in unmittelbarem Zusammenhang mit Wartung, Instandhaltung und Sanierungsplanung bzw. der Erneuerungsrate zu sehen. Die bislang weitgehende Verfügbarkeit von ausreichend Trinkwasser in Kombination mit bisher auch großzügig eingeräumten Nutzungsrechten (Maß der Wasserbenutzung) hat in der Vergangenheit bei vielen Versorgern keinen gesteigerten Handlungsdruck bewirkt. Ein verstärktes Augenmerk darauf, um auch weiterhin die hohe Qualität aufrecht erhalten zu können bzw. noch weiter zu optimieren, wird auch einen wesentlichen Faktor zur bestmöglichen Nutzung der vorhandenen Ressourcen und damit Absicherung der Wasserversorgung der kommenden Jahre und Jahrzehnte darstellen.

In Form von Beratungen und finanziellen Förderungen wurde schon in den vergangenen Jahren die Erhöhung von Erneuerungsraten unterstützt. Der für Sanierungsförderungen nach UFG seit dem Jahr 2016 verbindliche Reinvestitionsplan dient ebenso der Bewusstseinsbildung und vorausschauenden Sanierungsplanung. Durch die Unterstützung der Beratungsstelle Oö. Wasser wurde viel im Bereich der Wassergenossenschaften und Gemeinden beigetragen Wasserverluste zu lokalisieren und es konnten seit 2003 rd. 2.500 Rohrsanierungen initiiert werden.

Qualitativer und quantitativer Schutz des Grundwassers „Vorrang Trinkwasser“

Die Sicherung von für die Trinkwasserversorgung besonders bedeutenden Grundwasservorkommen, die so genannten Grundwasservorrangflächen, erfolgt nach den Vorgaben der Oö. Leitlinie „Vorrang Grundwasser“ und dem darin verankerten Kern- und Randzonenkonzept. Die in der Leitlinie verankerte Bewertungsmatrix ermöglicht darüber hinaus bereits im Raumordnungsverfahren auf die Widmung zum Schutz dieser Fläche für Trinkwasserzwecke Einfluss zu nehmen.

Die Trinkwasserversorgung selbst erfolgt in Oberösterreich ausschließlich mit Grundwasser, das aus Quellfassungen und Brunnen gewonnen wird, wobei derzeit

  • ca. 5.500 Schutzgebiete festgelegt
  • 32 Schongebiete (nach §§ 34 und/oder 35) für Trinkwasser verordnet
  • 39 geplante Schongebiete nach § 55 WRG festgelegt
  • 2 wasserwirtschaftliche Regionalprogramme nach § 55g WRG und
  • 1 wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung nach § 54 WRG verordnet sind.

Von den bestehenden 32 Schongebieten (Trinkwasser) wurden zwischen 2003 und 2023 insgesamt 15 neu festgelegt oder überarbeitet. Ebenso wurde ein Großteil der 39 geplanten Schongebiete im Zeitraum 2003 – 2023 in Anlehnung an die Leitlinie „Vorrang Grundwasser“ neu festgelegt oder überarbeitet.

Als wichtiges Projekt wurde in diesem Zusammenhang 2013 mit dem Aufbau eines qualitativen Messstellennetzes in den verordneten und geplanten Schongebieten begonnen, was bereits in 20 Flächen abgeschlossen wurde. In diesen Flächen wurden seit 2013 in Summe bereits 89 Beprobungsdurchgänge durchgeführt.

Erschließung zusätzlicher Ressourcen

Zusätzlich wurden seit dem Jahr 2003 umfassende Trinkwasserpotentialstudien in Auftrag gegeben bzw. durchgeführt. Insgesamt waren dies fünf Studien, deren Bearbeitungsgebiete insgesamt 50 oö. Gemeinden umfassten. Wesentlicher Bestandteil dieser Studien ist die Unterstützung der Gemeinden bei der Suche nach Hoffnungsgebieten für mögliche künftige Trinkwassergewinnungen zur Absicherung der Versorgung mit Trinkwasser.