Herausforderungen und Chancen des neuen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, DIin Daniela König, MBA (Leiterin Wasserwirtschaft – Land OÖ), DI Mag. Stefan Schneiderbauer (wasserwirtschaftliche Planung Land OÖ) und Mag. Hannes Mossbauer (Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht – Land OÖ)

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Herausforderungen und Chancen des neuen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (3. NGP) – Oberösterreichs Weg für eine nachhaltige Wasserzukunft soll ökologischen Zustand der heimischen Gewässer erheblich verbessern

Den oberösterreichischen Gewässern wurde in der Vergangenheit viel abverlangt. Vor allem ein Großteil der Flüsse wurde in ein enges Korsett gezwängt. Ein wesentlicher Faktor für lebendige Flüsse ist aber, dass sie frei fließen können und durchgängig für Lebewesen, Schwebstoffe und Kies werden und auch eine möglichst geringe Belastung mit Nährstoffen aufweisen. Durch die gegenwärtigen und zukünftigen klimatologischen Herausforderungen geraten die heimischen Ökosysteme darüber hinaus unter Druck. Ziel ist es diese physikalischen und chemischen Beeinträchtigungen anzugehen um die Gewässer auf diese klimatischen Herausforderungen vorzubereiten.

„Der NGP3 soll eine nachhaltige Wasserzukunft in Oberösterreich sicherstellen und setzt einen Fokus auf die Verbesserung des Lebensraums Gewässer durch Gewässerrenaturierungen an örtlich ausgewählten Schwerpunkten. Mit den verschiedenen Maßnahmen schaffen wir die durch den Klimawandel erwartbaren zukünftigen Rückgänge der verfügbaren Ressource Wasser vorzubeugen und nutzen auch die sich uns bietenden Chance einzigartige regionale Naherholungsgebiete zu schaffen, die vor allem der dort ansässigen Bevölkerung zu Gute kommen“, freut sich Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder.

Mehr als 100 Fachgesellschaften für Wasserforschung aus der ganzen Welt veröffentlichten ein „World Climate Statement“, das vor den Auswirkungen der von Menschen verursachten Klimakrise auf Gewässer warnt. Süßwasser-Ökosysteme gehören zu den sensibelsten und damit am stärksten gefährdeten Ökosystemen der Erde. Obwohl Flüsse und Seen nur weniger als ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, sind sie Lebensraum für ein Drittel aller Wirbeltierarten und zehn Prozent aller Arten.

Laut einer Studie des britischen UK Centre for Ecology & Hydrology könnten manche Seen im klimatologisch schlimmsten Szenario im Jahr 2100 um bis zu vier Grad wärmer sein als heute. Solche Entwicklungen würden laut Forscher/-innen auch zu einem massiven Artensterben führen. Salmoniden wie Forellen oder Äschen bekommen bei Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad Probleme und überleben Temperaturen ab 25 Grad über längere Zeiträume nicht. Weißfische wie Barben oder Nasen können bei Temperaturen ab 29 Grad ersticken. „Die Aufgabe unserer Generation ist eindeutig: wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern einen intakten Planeten übergeben“, erklärt Landesrat Kaineder. „Der Kampf gegen die Klimakrise ist auch ein Kampf gegen das Artensterben und für gesunde Ökosysteme. Wir müssen unsere Bemühungen im Bereich Klimaschutz jedenfalls verstärken, um die Klimaziele zu erreichen und dadurch auch unsere Flüsse und Seen zu schützen“, so Kaineder weiter.

Der 3. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) ist in Kraft getreten – Herausforderungen und Chancen für Oberösterreich

Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) ist eine flussgebietsbezogene bzw. grundwasserkörperbezogene Planung, die alle sechs Jahre durchgeführt wird. Ausgehend von einer Ist-Zustandserhebung werden Maßnahmen beschrieben, die die Erreichung und Erhaltung des von der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderten „guten Zustands“ bzw. „guten Potentials“ unter Berücksichtigung verschiedener Interessen bewirken sollen. Für die Maßnahmenfestlegung ist das Kosten-Nutzen-Prinzip bzw. die Prioritätenfestlegung maßgeblich. Der 3. NGP ist nach umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung mit 10. Mai 2022 in Kraft getreten und dort wurden jetzt die Maßnahmen zur Erreichung des guten Zustands für die nächsten 6 Jahre festgelegt. Zur Erreichung dieser Ziele werden seitens des Bundes und des Landes Oberösterreich entsprechende Fördermittel über UFG zur Verfügung gestellt.

Herausforderungen für Fließgewässer

Flusslandschaften werden seit jeher vom Menschen intensiv genutzt und verändert, sie zählen heute weltweit zu den am meisten gefährdeten Ökosystemen.

Österreich verfolgt das Ziel, negative Auswirkungen einzudämmen und unsere Flüsse wieder in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Ein Ziel, das sich auch sämtliche EU Mitgliedsstaaten in der Wasserrahmenrichtlinie gesetzt haben.

2021 ist in Oberösterreich an 23,1 % der Fließgewässer das Ziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie (guter/sehr guter ökologischer Zustand/Potential) erreicht. An 76,9 % ist das Ziel noch nicht erreicht.

Diese Wasserkörper weisen einen mäßigen oder schlechteren Zustand auf. Hauptursachen für die Verfehlung der Umweltziele sind:

  • hydromorphologische Belastungen (vor allem Regulierungen und Wasserkraftanlagen): hier weisen 65,8 % der Gewässerstrecken eine Zielverfehlung auf) und
  • Nährstoffeinträge aus diffusen Belastungen (vor allem Landwirtschaft): hier weisen 37,9 % der Gewässerstrecken eine Zielverfehlung auf.

Hohe Qualität der Seen

Die meisten oberösterreichischen Seen weisen sowohl eine hohe Badewasserqualität als auch einen sehr guten oder guten Zustand nach WRRL auf. Traunsee und Irrsee (=Zeller See) haben eine Zielverfehlung nach Wasserrahmenrichtlinie, da im Irrsee die Fischartenzusammensetzung eine wesentliche Abweichung gegenüber der ursprünglichen Artengemeinschaft zeigt bzw. im Traunsee einzelne Fischarten fehlen.

Seit 2006 wurde in mehreren Studien die Nährstoffproblematik im Einzugsbereich des Mondsees untersucht und basierend darauf vor allem über Bewusstseinsbildung auf eine Extensivierung der Düngung und bodennahe Gülleausbringung im Einzugsgebiet abgezielt. Die jüngsten Messungen zeigen, dass der Mondsee bei den biologischen Komponenten wieder einen guten Zustand aufweist. Die Maßnahmen zur Verminderung des Nährstoffeintrags werden weitergeführt.

Guter Zustand der Grundwasserkörper

Mengenmäßig weisen einige Grundwasserkörper eine zum Teil intensive Nutzung auf, die sich in Zukunft noch weiter verstärken wird. Der Klimawandel lässt zukünftig Rückgänge der verfügbaren Ressourcen erwarten, die in etwa dem österreichischen Durchschnitt entsprechen. Unter verstärkter Ausnutzung überregionaler Umverteilungen durch Fernwasserversorgungen und

Wasserverbände sollte der zukünftige Bedarf auch unter Berücksichtigung der Faktoren für ein ungünstiges Szenario gedeckt werden können. Diese Entwicklung wurden in einer umfassenden Studie Wasserschatz beleuchtet, damit haben wir für Oberösterreich gute Planungsgrundlagen. Der chemische Zustand unseres Grundwassers ist mit Ausnahme von zwei Grundwasserkörpern in einem guten Zustand.

Die Grundwasserkörper „Zw. Alm und Krems“ und „Zw. Krems und Moosbachl“ – sind im nicht guten chemischen Zustand aufgrund der Nährstoffbelastung der Oberflächengewässer, welche zu einem überwiegenden Teil aus dem Grundwasser stammt. In der Bewertung zu einer möglichen Zielverfehlung bezogen auf den guten chemischen Zustand werden diese beiden Grundwasserkörper mit einer möglichen Zielverfehlung bewertet.

Darüber hinaus erfüllt der Grundwasserkörper „Zwischen Alm und Krems“ (westlicher Teil des geteilten ehemaligen Grundwasserkörpers Traun-Enns-Platte) die Kriterien für ein Beobachtungsgebiet (mehr als 30 % der Messstellen sind hinsichtlich Nitrat belastet). Der Grundwasserkörper „Zw. Krems und Moosbachl“ (östlicher Teil des geteilten ehemaligen Grundwasserkörpers Traun-Enns-Platte) erfüllt die Kriterien für ein Beobachtungsgebiet (mehr als 30 % der Messstellen sind hinsichtlich Nitrat und Bentazon) belastet.

Was wurde bisher erreicht?

Bereits in den Planungsperioden 1. NGP (2009-2015) und 2. NGP (2015-2021) wurden in Oberösterreich erhebliche Fortschritte erzielt.

  • In der ersten Periode: Herstellung der Fischdurchgängigkeit in den Unter- und Mittelläufen der oö. Gewässer. Die Durchgängigkeit wurde bei ca. 186 schutzwasserbaulichen Querbauwerken und ca. 119 Wasserkraftanlagen hergestellt. Wo erforderlich wurde zusätzlich eine Mindestrestwasserabgabe für Ausleitungsstrecken festgelegt.
  • Die Umsetzung der Maßnahmen der zweiten Periode hat sich wegen fehlender Fördermittel verzögert und ist derzeit im Gange (Durchgängigkeit und Restwasser bei rund 50 Wasserkraftanlagen und rund 100 sonstigen Querbauwerken). Durch die mittlerweile vorhandenen Fördermittel werden die Aufwendungen für die betroffenen Verbände, Gemeinden und Wasserkraftbetreiber erheblich vermindert.
  • Morphologische Maßnahmen (Renaturierungen) basierten bisher auf freiwilliger Basis. Hier wurden über verschiedene Förderschienen Maßnahmen umgesetzt. Für einzelne Gewässerstrecken z.B. am Unterlauf der Naarn und an der Pram bei Riedau kann durch die Maßnahmenkombination Herstellung der Durchgängigkeit und Verbesserung der Morphologie bereits derzeit der gute Zustand in Hinblick auf Verbauungsmaßnahmen ausgewiesen werden.

Welche Maßnahmen sind im 3. NGP geplant?

Während der Fokus der beiden vorangegangenen Planungsperioden auf der Wiederherstellung der Durchgängigkeit sowie der Verbesserung der Restwasserabgabe lag, setzt der neue NGP einen besonderen Fokus auf die Verbesserung des Lebensraums Gewässer durch Gewässerrenaturierungen. In Oberösterreich gibt es Potenzial an 212 Sanierungsbereichen.

In durch ältere Regulierungen stark verbauten Gewässerstrecken sind neben der Herstellung der Fischdurchgängigkeit zur Erreichung des guten ökologischen Zustands/Potentials auch Renaturierungen zur Verbesserung des Gewässerlebensraums erforderlich. In der 3. Planungsperiode (2021-2027) ist daher vorgesehen, an den Unter- und Mittelläufen wichtiger oö. Flüsse, an sogenannten Schwerpunktgewässerstrecken, durch Anpassung von Regulierungen an den Stand der Technik, eine sichtbare weitere Verbesserung der Gewässerlebensräume zu erreichen. Dazu wurden nun entlang der Gewässer 212 mögliche morphologische Sanierungsbereiche identifiziert. Kriterien für die Auswahl waren ein günstiges Verhältnis von Machbarkeit, Aufwand und ökologischem Nutzen und die Voraussetzung, dass bestehende höherwertige Nutzungen wie z.B. der Hochwasserschutz von Siedlungsgebieten oder Infrastruktur entlang von Gewässern nicht beeinträchtigt werden.

Das Maßnahmenset reicht von lokalen Verbesserungen der Flussbettstrukturen im bestehenden Abflussprofil ohne zusätzlichen Flächenbedarf (kleine Maßnahmen), bis zu Aufweitungen und einer Wiederannäherung des Gewässerbetts an den ursprünglichen Flusstyp (mittlere und große Maßnahmen). Herausforderung bei der Umsetzung ist insbesondere die Grundverfügbarkeit, um den Gewässern wieder Raum zur Entwicklung zu geben.

Im NGP 2021 wird das Maßnahmenset zur Herstellung der Durchgängigkeit an großen und mittelgroßen Flüssen durch eine sogenannte Mündungsoffensive abgerundet. Hierbei werden rund 25 Mündungs- bzw. Unterlaufabschnitte ausgewählter Zubringer zu Gewässerstrecken der NGPs 2009 und 2015 an die Hauptgewässer angebunden und kann mit vergleichsweise geringem Aufwand wertvoller Gewässerlebensraum erschlossen werden. Eine Ausweitung der Herstellung der Fischdurchgängigkeit flussaufwärts in die Oberläufe der Flüsse ist derzeit nicht vorgesehen.

Diese Maßnahmen werden großzügig mit Fördergeldern des Bundes und des Landes mitfinanziert. Die Renaturierungen bieten viele Chancen für die Regionen und den Tourismus. Es ist hier möglich einzigartige Naherholungsgebiete zu schaffen, die vor allem der regionalen Bevölkerung zu Gute kommen.

Weitere Maßnahmen des 3. NGP – Abgabe von Mindestrestwasser an 374 Restwasserstrecken

Im NGP 2021 ist eine generelle Abgabe von Mindestrestwasser bei allen Ausleitungskraftwerken und sonstigen Ausleitungen (z.B. für Fischteiche) mit einem Einzugsgebiet größer 10 km2 vorgesehen. An 374 Restwasserstrecken in OÖ (überwiegend von Wasserkraftanlagen) wird bis 2027 der Anpassungsbedarf für die abzugebende Restwassermenge geprüft und bei Bedarf eine Restwasserabgabe vorgeschrieben. Die Erneuerbaren Energie- und Klimaziele werden damit allerdings nicht tangiert, da die Erzeugungseinbußen in Summe deutlich unter 1 Prozent der oö. Wasserkrafterzeugung liegen.