Renaturierung in der Praxis

Pressetermin mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, Dipl.-Ing. Daniela König, MBA (Direktorin Umwelt und Wasserwirtschaft, Land OÖ) und Dipl.-Ing. Josef Mader (Leiter Gewässerbezirk Grieskirchen)
Renaturierung in der Praxis: Vom Plan zum lebendigen Fluss am Beispiel Trattnach
Renaturierungen sind mehr als „Öko-Projekte“: sie stärken Biodiversität, reduzieren Hochwasserrisiken, verbessern Wasserqualität, erhöhen die Klimaresilienz der Landschaft und schaffen lokale Wertschöpfung. Am Praxisbeispiel Trattnach zeigen wir drei Projektstadien: in Planung, in Umsetzung und fertiggestellt — und verbinden die lokalen Maßnahmen mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan.
Warum Renaturierung? – Vorteile auf einem Blick
- Hochwasserschutz & natürliche Rückhaltefläche: Weite, Auen und Nebenarme puffern Wellen, reduzieren Spitzenabflüsse und entlasten technische Schutzbauten.
- Biodiversität & Lebensräume: Mäandrierende Gewässer, Kiesbänke und Totholz schaffen Lebensräume für Fische (Bachforelle, Äsche), Vögel (z. B. Eisvogel) und Insekten.
- Wasserqualität & Selbstreinigung: Vergrößerte Sohl- und Uferstrukturen verbessern Stoffumsatz und Sauerstoffgehalt.
- Klimaanpassung & Kohlenstoffspeicher: Feuchtflächen und naturnahe Ufer speichern Kohlenstoff und erhöhen die Landschaftsresilienz gegen Dürre.
- Ökonomischer Nutzen: Studien und EU-Analysen zeigen hohe Nutzen-Kosten-Raten für Wiederherstellungsmaßnahmen — jeder investierte Euro bringt vielfache volkswirtschaftliche Vorteile (Schätzungen der europäischen Umweltbehörde: zwischen 8€ und 38€ Nutzen je investiertem Euro).
„Wenn wir Bächen wieder Raum geben, geben wir auch der Natur und damit uns selbst wieder mehr Lebensraum zurück. Renaturierung ist Versicherung in der Landschaft — wer Auen und Nebenarme zurückgibt, gewinnt Hochwasserschutz, Artenvielfalt und Lebensqualität in einem“, stellt Landesrat Stefan Kaineder klar.
Die drei Beispiele an der Trattnach
Beispiel 1 – Projekt in Planung (Abschnitte Kläranlage & Ölstation)
Neue naturnahe Gerinne werden bei Kläranlage und Ölstation errichtet, das Ziel ist ökologische Aufwertung, erhöhter Lebensraumwert und Hochwasserableitung.
Maßnahmen: mäandrierender Verlauf, Umlegung/Neubau von Gerinnen, Einbau von Strukturelementen (Wurzelstöcke, Totholz, Krainerwände), Schaffung von Niststeilufern (Eisvogel), gezielte Verfüllung alter Gerinne und Verwendung von Aushubmaterial, Verringerung der Hochwasserdynamik, Verbesserung der Wasserqualität.
Wirkung: Schaffung von naturnahen Abflussräumen, Aufwertung von Fisch- und Kleinlebensräumen sowie kombinierter Hochwasser- und Naturschutz.
Beispiel 2 – Projekte in Umsetzung (St. Georgen bei Grieskirchen)
Cirka 180 Meter Renaturierung mit Zielverbesserung gemäß WRRL (EU-Wasserrahmenrichtlinie), Förderung standorttypischer Fischarten (Bachforelle, Äsche, Aitel).
Maßnahmen: Aufweitung des Gerinneprofils bis ~29 m (Böschungskante), Sohlbreite 8–12 m; asymmetrisches, gewundenes Flussbett; Einbau von Buhnen, Totholz, Störsteinen; Kiesbermen mit Flachwasserzonen; Böschungssicherung; Begrünung mit heimischen Arten; Erhalt der Baustraße als dauerhafter Pflegeweg.
Wirkung: Sofortige Habitatverbesserung (Laichplätze, Rückzugsräume), bessere Vernetzung der Populationen und erhöhte Strukturvielfalt — positive Effekte bereits während der Bauphase sichtbar.
Beispiel 3 – Projekt fertiggestellt (St. Georgen bei Grieskirchen, Steinmühlrampe)
Rechtsufrige Verlegung des Gerinnes auf einer Länge von rund 220 Metern mit sohlgleichem Anschluss oben und unten; Höhenunterschied ~1,7 m, durchschnittliches Gefälle ≈ 0,8 %. Mindestdotation renaturierter Bereich: Q330 = 0,38 m³/s; Restwasserabfluss in altem Bett gering.
Wesentliche Effekte: Stabile Sohl- und Uferverhältnisse, deutliche Zunahme von Kleinhabitaten, verbesserte Durchströmung und ökologische Aufwertung bereits nach Fertigstellung; Maßnahme funktioniert als Vorbild für weitere Abschnitte. (Technische Basis: Projektunterlagen).
Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan
Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) ist eine flussgebietsbezogene bzw. grundwasserkörperbezogene Planung, die alle sechs Jahre durchgeführt wird. Ausgehend von einer Ist-Zustandserhebung werden Maßnahmen beschrieben, die die Erreichung und Erhaltung des von der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderten „guten Zustands“ bzw. „guten Potentials“ unter Berücksichtigung verschiedener Interessen bewirken sollen. Für die Maßnahmenfestlegung ist das Kosten-Nutzen-Prinzip bzw. die Prioritätenfestlegung maßgeblich. Der 3. NGP ist nach umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung mit 10. Mai 2022 in Kraft getreten, dort wurden jetzt die Maßnahmen zur Erreichung des guten Zustands für die nächsten sechs Jahre festgelegt. Zur Erreichung dieser Ziele werden seitens des Bundes und des Landes Oberösterreich entsprechende Fördermittel über UFG zur Verfügung gestellt.