Oberösterreichs Weg zu lebendigen Flüssen
Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, Direktorin der Umwelt- und Wasserwirtschaft, Land OÖ, Dipl.-Ing.in Daniela König, MBA und Leiter der Wasserwirtschaflichen Planung, Land OÖ, DI Dr. Franz Überwimmer
Oberösterreichs Weg zu lebendigen Flüssen – Bilanz anlässlich 25 Jahre EU-Wasserrahmenrichtlinie
Heuer wird die EU-Wasserrahmenrichtlinie 25 Jahre alt und damit wird an eine Aufgabe erinnert, die als Fundament unserer Lebensqualität verstanden wird: Wasser soll nicht nur sauber gehalten, sondern als lebendiger Lebensraum erhalten und verbessert werden. Die Richtlinie ist das gemeinsame Regelwerk, damit Europas Flüsse, Bäche, Seen und das Grundwasser sauber und lebendig bleiben. Nicht nur geschützt vor Verunreinigungen, sondern auch als funktionierende Lebensräume für Fische, Pflanzen und Menschen. Vorrangiges Ziel ist, alle Gewässer in einen „guten Zustand“ zu bringen.
Reine Gewässer, sauberes Grundwasser sowie eine intakte Trinkwasser- und Abwasserinfrastruktur werden als Grundlage hoher Lebensqualität gesichert. In Oberösterreich werden über 19.000 Kilometer Flüsse und Bäche sowie 166 Seen gemeinsam mit dem Grundwasser als Lebensgrundlage bewahrt. „Sauberes Wasser ist kein Luxus, sondern Daseinsvorsorge. Wenn Flüsse wieder atmen können, wird Gesundheit, Naturvielfalt und regionale Lebensqualität gleichermaßen gestärkt“, so Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.
Seit der Einführung der Richtlinie wurde in Oberösterreich vieles auf Schiene gebracht und zig Millionen investiert: Dabei wurden die Durchgängigkeit verbessert, Mindestwasserführungen sichergestellt, hart regulierte Abschnitte renaturiert und besonders wertvolle Strecken unter Schutz gestellt. Damit wird ein Weg beschritten, auf dem Nutzung und Natur ins Gleichgewicht gebracht werden sollen.
25 Jahre EU-Wasserrahmenrichtlinie, 15 Jahre Nationale Gewässerbewirtschaftungspläne, derzeit Halbzeit bei der Umsetzung des 3. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans von 2021 bis 2027, fünf Sanierungsprogramme für Fließgewässer und ein Regionalprogramm zur Erhaltung naturnaher, besonders schützenswerter Gewässerstrecken sind ein Grund, Zwischenbilanz zu ziehen. Was wurde erreicht für die Gewässer und die Menschen, die an den Gewässern leben? Hat sich der Aufwand gelohnt?
Oberösterreich zieht Zwischenbilanz
Bei Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie war Österreich in Europa schon führend in Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung. Schäumende, riechende Gewässer unterhalb von Industrieanlagen waren Vergangenheit, Abwässer werden nicht in, sondern um die meisten Seen herumgeführt. Fließgewässer und Seen weisen Badewasserqualität auf.
Doch „sauber“ ist nicht automatisch „lebendig“: Für den guten ökologischen Zustand zählen Fischfauna, Wirbellose und Algen – also die Lebensgemeinschaften im Gewässer. Fische brauchen ausreichend Wasser, vielfältige Lebensräume und Laichplätze, kühle Rückzugsbereiche mit Grundwasserzufluss, Versteckmöglichkeiten und die Möglichkeit, wandernd Laich- und Nahrungsplätze zu erreichen und Hochwasser in ruhigeren Zonen zu überdauern. Genau hier setzt die Wasserrahmenrichtlinie an: Durchgängigkeit, Mindestwasserführung je nach Bioregion und Gewässerstruktur sowie Erhalt naturnaher
Strecken.
Fünf Sanierungsprogramme für Fließgewässer
Mit den oö. Sanierungsprogrammen für Fließgewässer werden die Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne und damit die EU-Wasserrahmenrichtlinie in Oberösterreich umgesetzt. Sie legen für prioritäre Gewässerabschnitte verbindliche Maßnahmen fest, damit Flüsse und Bäche den „guten ökologischen Zustand“ bzw. das „gute ökologische Potenzial“ erreichen.
Die Umsetzung der Maßnahmen an Donau und Inn auf einer Länge von insgesamt 220 km erfolgt im Verantwortungsbereich des Bundes.
- Sanierungsprogramm für Fließgewässer (2011) – Passierbarkeit und Restwasser für maßgebliche Fischarten
Auf 480 km wurde in den Unterläufen der größeren Flüsse die Durchgängigkeit für die Leitfisch- und typischen Begleitfischarten hergestellt, bei 294 Querbauwerken wurden Fischaufstiegshilfen errichtet und bei Ausleitungskraftwerken die Restwasserabgabe für die Durchgängigkeit angepasst. Der Umsetzungsstand liegt derzeit bei 96 Prozent.
- Sanierungsprogramm für Fließgewässer (2019) – dauerhafte Restwassermengen an Ausleitungskraftwerken
In Weiterführung des 1. Sanierungsprogramms wurde eine Mindestwasserführung entlang einer Fließgewässerlänge von weiteren 160 km hergestellt. Bei 25 Ausleitungskraftwerken wurde die Restwasserabgabe angepasst. Der Umsetzungsstand liegt derzeit bei 83 Prozent. - Sanierungsprogramm für Fließgewässer (2021) – Passierbarkeit und Durchgängigkeit aufbauend auf dem 2. Sanierungsprogramm
Damit sind auf den 160 km des 2. Sanierungsprogramms und zusätzlich auf 80 km weiteren Gewässerstrecken die Durchgängigkeit bei den Querbauwerken und die für die Durchgängigkeit erforderlichen Restwasserabgaben herzustellen.
Aktueller Stand: Einreichung bzw. Bewilligung bisher bei 68 Ausleitungskraftwerken; 91 Prozent der Vorhaben wurden bereits eingereicht. Die Umsetzung ist im Gange.
- Sanierungsprogramm für Fließgewässer (2023) – Mehr Raum für Flüsse an Schwerpunktgewässerstrecken
In Ergänzung zur Herstellung der Durchgängigkeit und zur Sicherstellung ausreichender Restwasserabgaben bei Ausleitungskraftwerken sieht das 4. Sanierungsprogramm die Aufwertung der Gewässer- und Uferstrukturen (Renaturierung) an ausgewählten, gewässerökologisch bedeutsamen Schwerpunktgewässerstrecken vor – insgesamt an 63 Wasserkörpern an 21 oberösterreichischen Fließgewässern.
Durch Strukturierungsmaßnahmen, Aufweitungen und die Entwicklung naturnaher Fließabschnitte sollen insbesondere hart regulierte Strecken wieder in einen guten ökologischen Zustand überführt werden. Dabei werden der bestehende Hochwasserschutz für Siedlungen und Betriebe gesichert und zugleich die Erholungsqualität am Gewässer verbessert.
Für rund drei Viertel der Schwerpunktstrecken liegen Planungen vor; bei etwa zwei Dritteln wurden Grundstücksverhandlungen geführt und rund ein Viertel ist bereits wasserrechtlich bewilligt. Eine zentrale Herausforderung bleibt die Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Auf mehreren Schwerpunktstrecken haben die Bauarbeiten begonnen; einzelne wurden bereits fertiggestellt.
Ein Beispiel: In Waizenkirchen wurde an der Aschach eine Renaturierung im Bereich Bäckenhof umgesetzt. Im Zuge des Projekts wurden Maßnahmen gesetzt, die der Natur „Starthilfe“ zur dynamischen Entwicklung der Aschach geben: Steilufer, Kies- und Sandbänke, Stillwasserbereiche, Kolke und Totholzstrukturen sowie Amphibien-Teiche fördern die Biodiversität und stärken das ökologische Gleichgewicht. Der ursprüngliche, begradigte Flussverlauf bleibt als Stillgewässer erhalten und dient im Hochwasserfall als Überlastgerinne.
- Sanierungsprogramm für Fließgewässer (2024) – Mindestrestwasserabgabe bei Ausleitungsbauwerken
Ab einem Einzugsgebiet von 10 km² sind Entnahmen für Wasserkraft, Bewässerung und Fischteiche so zu begrenzen, dass Gewässer nicht trockenfallen. Die für Fische und andere Gewässerlebewesen erforderliche Mindestwassermenge muss im natürlichen Flussbett verbleiben („Gewässer brauchen Wasser“). In den nächsten Jahren sind ca. 250 Wasserbenutzungsanlagen anzupassen; mehrere Planungen wurden bereits eingereicht, die Umsetzung ist im Gange.
Finanzierung und Förderprojekte in Zahlen*:
Die Umsetzung der NGP-Vorgaben erfolgt in den Ländern unterschiedlich: teils über Sanierungsprogramme (verordnete Gewässerstrecken), teils über besonders langwierige Einzelverfahren nach § 21a WRG. Im Bundesländervergleich hat Oberösterreich mit den fünf Sanierungsprogrammen bereits zahlreiche ökologisch bedeutende Strecken aufgewertet, viele Projekte auf den Weg gebracht und umfangreiche Fördermittel abgerufen.
Zwischen 2009 und 2024 wurden in Oberösterreich 306 Gewässerökologieprojekte mit Fördermitteln des Bundes und des Landes realisiert. In den letzten Jahren sind teilweise auch EU-Mittel aus dem Biodiversitätsfonds mit eingeflossen.
Gewässerökologie gesamt – Förderfälle*: 306 (Österreich gesamt: 933)
Investitionsvolumen: 155,9 Mio. (Österreich gesamt 545,9 Mio.)
Förderbarwert: 71,2 Mio. (Österreich gesamt 256,2 Mio.)
*Quelle: KPC Jahresbericht
Ca. 60 Prozent der Fördermittel entfallen auf Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und ca. 40 Prozent auf Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur (Lebensraumschaffung). Der Förderschlüssel beträgt dabei 50 Prozent Bund, 40 Prozent Land und 10 Prozent Gemeinde. Das Land Oberösterreich übernimmt aufgrund des Wegfalls der zusätzlichen Fördermöglichkeit durch den Biodiversitätsfonds weiterhin für hochprioritäre Stecken im Bereich Durchgängigkeit und bei Rotationswasser Maßnahmen und für Schwerpunktgewässerstrecken im Bereich Morphologie diesen Anteil für die Jahre 2025 und 2026, d.h. die Hälfte des Gemeindeanteils, sodass für die Gemeinden 5 Prozent verbleiben.
Regionalprogramm für besonders schützenswerte Gewässer (2019)
Zwei Ziele stehen im Mittelpunkt: Erstens sollen die oberösterreichischen Gewässer mit fünf aufeinanderfolgenden Sanierungsprogrammen schrittweise verbessert werden. Zweitens gilt es, die schönsten, naturnahen Gewässer dauerhaft zu erhalten. Dafür wurden Gewässerstrecken in Oberösterreich flächendeckend erhoben und im „Wasserwirtschaftlichen Regionalprogramm für besonders schützenswerte Gewässer“ (2019) insgesamt 616 km – rund 12 Prozent des oö. Berichtsgewässernetzes – unter Schutz gestellt.
Damit sind die wertvollsten, naturnahen Gewässer des Landes als Lebensraum für Arten und als Erholungsraum für die Bevölkerung gesichert.
Auf dem Weg zum 4. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan
Oberösterreich hat mit den fünf Sanierungsprogrammen und dem Regionalprogramm einen effizienten und erfolgreichen Weg gewählt. Dieser Weg wird ab 2028 mit der Umsetzung des 4. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans fortgesetzt.
Die zentralen Themenschwerpunkte wurden in Bund-Länder-Arbeitskreisen erarbeitet. Für den vierten Planungszyklus der EU-Wasserrahmenrichtlinie (2028–2033) stehen folgende Leitfragen im Mittelpunkt:
- Was ist in Österreich und speziell in Oberösterreich im Bereich Wasser prioritär zu behandeln?
- Welche Maßnahmen sind für Schutz, Erhaltung und Verbesserung unserer Gewässer entscheidend?
- Was braucht es, um unsere Gewässer als „Lebensadern“ für Mensch und Umwelt weiter zu stärken?
Der Vorschlag für die Themenschwerpunkte des 4. NGP wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft – BMLUK im Dezember unter dem Titel „Wichtige Wasserbewirtschaftungsfragen“ der Öffentlichkeit präsentiert werden; eine Öffentlichkeitsbeteiligung folgt.
Weitere Erfolgsprojekte: