Lebendige Gewässer und mehr Raum für Flüsse als wichtiges Ziel für das Umweltressort

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder und Direktorin der Umwelt und Wasserwirtschaft (Land OÖ) Dipl.-Ing.in Daniela König, MBA
Lebendige Gewässer und mehr Raum für Flüsse als wichtiges Ziel für das Umweltressort – Land OÖ sichert hohe Förderquoten für Gemeinden – Präsentation von Renaturierungsprojekten aus Oberösterreich
Der Klimawandel und das Artensterben sind die größten Herausforderungen unserer Zeit, denn sensible Lebensräume sind stärker bedroht als je zuvor. In den letzten 25 Jahren sind in Österreich 48 Prozent der Brutvögel aus unserer Kulturlandschaft verschwunden – ein dramatischer Verlust, der die Dringlichkeit zum Handeln unterstreicht.
Artenvielfalt spielt eine entscheidende Rolle sowohl im Klimaschutz als auch bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Intakte Ökosysteme nehmen Kohlenstoff auf und speichern ihn dauerhaft – dieser Zusammenhang ist uns von Permafrostböden und tropischen Regenwäldern bekannt, gilt aber genauso für Österreich. Artenreiche Naturwiesen, Feuchtgebiete und gesunde Wälder wirken als natürliche Kohlenstoffspeicher. Darüber hinaus stabilisieren vielfältige Ökosysteme den Wasserhaushalt, schützen vor Dürren, Hochwasser und Muren und sichern damit unsere Lebensgrundlagen. Sie sind unsere stärkste und nachhaltigste Versicherung gegen die Klimakrise.
„Besonders an Flüssen zeigt sich, wie wichtig Renaturierung ist: Begradigte und verbaute Gewässer können Hochwasser kaum abpuffern und bieten nur wenigen Arten Lebensraum. Naturnahe Flüsse dagegen sind vielfältige Lebensadern in der Landschaft – sie schaffen Rückzugsräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, verbessern die Wasserqualität und regulieren den Wasserabfluss. Durch die Wiederherstellung natürlicher Flussläufe entstehen dynamische Lebensräume, die Klimaextremen besser standhalten und die Resilienz ganzer Regionen erhöhen. Renaturierte Flüsse verbinden Naturschutz mit aktivem Klimaschutz – sie sind ein zentrales Element zukunftsfähiger Umweltpolitik“, betont Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.
In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass die zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Landgewinnung durchgeführten Flussregulierungen die ökologische Funktion der Fließgewässer und ihres Umlandes stark einschränken. Die monotone, strukturlose Gestaltung führte zu einer drastischen Verarmung an Gewässerorganismen wie Fischen und Kleinlebewesen. Die Renaturierungsmaßnahmen setzen genau hier an und verfolgen das Ziel, den natürlichen Lebensraum der Gewässer wiederherzustellen.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen und der herausfordernden finanziellen Lage der Gemeinden hat das Land Oberösterreich beschlossen, vorübergehend mehr finanzielle Mittel bereitzustellen, um die Umsetzung von Maßnahmen zur Renaturierung von Flüssen und Bächen zu ermöglichen. Diese Maßnahmen sind von zentraler Bedeutung, um die ökologische Qualität unserer Gewässer zu verbessern und die Lebensräume von Fischen und anderen Gewässerorganismen zu schützen.
Worum geht es?
Mit dem 3. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) und dem 4. OÖ Sanierungsprogramm für Fließgewässer wurde für ausgewählte Fließgewässerstrecken ein Sanierungsbedarf verordnet. Ziel ist, bei diesen Abschnitten einen sogenannten guten Zustand zu erreichen.
Gemeinden und Gemeindeverbände in Oberösterreich, die bereits Projekte zur Renaturierung von Flüssen und Bächen geplant haben, sollen durch eine vorübergehende Erhöhung der finanziellen Mittel seitens des Landes unterstützt werden. Im Fokus stehen hochprioritäre Stecken, die maßgeblich dazu beitragen, verloren gegangene Gewässerlebensräume wieder zu verbessern und dadurch die gesetzlich verankerten Umweltziele für Oberflächengewässer zu erreichen.
Wie sieht die gewohnte Förderung aus?
- 60 % der Kosten wurden vom Bund übernommen,
- 30 % vom Land Oberösterreich, und
- 10 % von den Gemeinden; dank des Biodiversitätsfonds konnten durch zusätzliche Bundesmittel im Jahr 2024 8 % des Gemeindeanteils gefördert werden, sodass 2024 lediglich 2% Gemeindeanteil verblieb. Für die Jahre 2025 und 2026 waren aus dem Biodiversitätsfonds des Bundes 5% vorgesehen.
Bisher konnten sich Gemeinden bei solchen Projekten auf Zuschüsse aus dem Biodiversitätsfonds verlassen. Aufgrund der in Aussicht gestellten zusätzlichen Mittel aus diesem Fonds sind bereits intensive Planungen in den betroffenen Gemeinden erfolgt. Der Fördertopf des Biodiversitätsfonds ist jedoch für gewässerökologische Projekte aufgebraucht und auch der derzeitige Call schließt diese Projekte erneut aus. Mit dem Wegfall des Biodiversitätsfonds ab dem Jahr 2025 droht vielen dieser bereits geplanten Projekte das Aus. Ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung müssten die Gemeinden mit erheblich höheren Eigenanteilen rechnen – in manchen Fällen sogar doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt.
Was wurde nun beschlossen?
Das Land Oberösterreich hat nun beschlossen, seinen Anteil an der Förderung vorübergehend von 30 % auf 35 % zu erhöhen. Diese Regelung gilt für die Jahre 2025 und 2026 und betrifft ausschließlich bestimmte Gewässerstrecken, die im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2021 festgelegt wurden. Konkret handelt es sich hierbei um jene Gewässerstrecken, die im Rahmen des 4. Sanierungsprogramms für Fließgewässer in Oberösterreich berücksichtigt werden sowie hochpriorisierte Abschnitte lt. NGP. Die Projekte müssen weiterhin die Kriterien des Bundes- und des Landes zur Förderung Gewässerökologischer Maßnahme nach dem Umweltfördergesetz erfüllen und bedürfen dadurch auch der entsprechenden Genehmigung durch den Bund, der für solche Projekte 60 % übernimmt.
Die zusätzlichen Mittel des Landes Oberösterreich belaufen sich auf maximal 1,5 Millionen Euro, die sich auf den Zeitraum – je nach Baufortschritt – von 2025 bis 2028 verteilen. Diese Mittel werden aus dem Budget der Abteilung Wasserwirtschaft zur Verfügung gestellt.
Ziel ist es, trotz des Ausfalls der zusätzlichen Mittel aus dem Biodiversitätsfonds, die wichtigen Umweltprojekte zur Verbesserung der ökologischen Qualität unserer Gewässer fortzuführen. Wir wollen sicherstellen, dass Gemeinden auch in schwierigen finanziellen Zeiten Planungssicherheit haben und nicht auf vorher nicht bekannten Kosten sitzen bleiben. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die ökologischen Funktionen der Flüsse und Bäche wiederhergestellt und naturnahe Lebensräume geschaffen werden.
„Diese Unterstützung ist ein wichtiger Schritt, um die ökologische Gesundheit unserer Gewässer zu sichern und gleichzeitig den Gemeinden zu helfen, ihre Projekte zur Renaturierung ohne weitere finanzielle Hürden fortzusetzen. Wir sind davon überzeugt, dass diese Maßnahmen nicht nur einen langfristigen positiven Effekt auf unsere Umwelt haben, sondern auch zur Schaffung von Lebensräumen für zukünftige Generationen beitragen. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für ihr Engagement und ihre Arbeit“, freut sich Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder auf die Umsetzung der neuen Projekte.
Ausgewählte aktuelle Renaturierungsprojekte aus Oberösterreich
RENATURIERUNG PRAM in der Marktgemeinde Pram
geschätzte Gesamtkosten: 1,0 Mio. €
Derzeit ist die Pram im Projektbereich stark reguliert, mit einer Uferlinie, die mit Blockwurf verbaut und durch eine gestreckte, monotone Linienführung geprägt ist.
Das Hauptziel des Projektes ist es, den guten ökologischen Zustand gemäß der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (NGP) wiederherzustellen. Ein ursprünglicher, mäandrierender Flussverlauf wird geschaffen, der eine dynamische Entwicklung ermöglicht. Dies soll die ökologischen Verhältnisse im gesamten Projektbereich verbessern und auch auf angrenzende Bereiche der Pram positive Auswirkungen haben. Wichtige Maßnahmen umfassen die Schaffung von Laichplätzen, Jungfischhabitat und tiefen Wintereinständen, die derzeit nicht vorhanden sind. Zudem wird durch die Entfernung von Sohlschwellen und fast allen Rampen die ökologische Durchgängigkeit für sohlgebundene Kleinfischarten verbessert. Insgesamt wird der Zustand der Pram von einem mäßigen zu einem guten hydromorphologischen Zustand optimiert. Das Projekt hat auch positive Effekte auf den Hochwasserschutz und den Wasserkreislauf und macht den Fluss als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung attraktiver.
Bürgermeisterin Katharina Zauner, Marktgemeinde Pram: „Der Wegfall der Biodiversitätsfondsförderungen stellte kleine Gemeinden wie Pram vor große finanzielle Herausforderungen für so ein ambitioniertes Projekt. Wir freuen uns, dass durch die Erhöhung der Landesförderung eine gewisse Planungssicherheit entsteht und trotz der angespannten Budget-Situation in den Gemeinden nun die Renaturierung der Pram angegangen werden kann.“
RENATURIERUNG STEYR in der Gemeinde Hinterstoder
geschätzte Gesamtkosten: 0,66 Mio. €
Wie bei der Pram ist auch hier das Ziel, den guten ökologischen Zustand gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie und NGP wiederherzustellen. Der Flussverlauf soll pendeln und die Möglichkeit einer dynamischen Entwicklung bieten, um die ökologischen Bedingungen zu verbessern. Durch neu geschaffene Strukturangebote entstehen Laichplätze, Jungfischhabitate und Wintereinstände, die derzeit fehlen. Zudem werden Rampen aufgelöst und Sohlschwellen zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit für sohlgebundene Kleinfischarten angepasst. Insgesamt wird der Zustand der Steyr in diesem Bereich von einem mäßigen zu einem guten ökologischen Zustand verbessert, was auch einen positiven Einfluss auf den Hochwasserschutz und den Wasserkreislauf hat.
RENATURIERUNG TRATTNACH in Bad Schallerbach – Wasserverband Trattnachtal
geschätzte Gesamtkosten: 0,72 Mio €
Geplant sind Strukturierungsmaßnahmen wie der Einbau von Holz- und Steinstrukturen sowie die Aufweitung des Flussbettes. Diese sollen die Habitatqualität über die gesamte Projektlänge verbessern und auch auf angrenzende Bereiche der Trattnach ausstrahlen. Laichplätze, Jungfischhabitate und Wintereinstände werden geschaffen. Da die ökologische Durchgängigkeit bereits gegeben ist, werden durch diese Maßnahmen die ökologischen Verhältnisse verbessert und der Zustand von mäßig auf gut erhöht. Das Projekt trägt zur Attraktivität des Flusses als Naherholungsort bei und hat auch positive Auswirkungen auf den Hochwasserschutz und den Wasserkreislauf – besonders in Bad Schallerbach, einem Kurort, von großer Bedeutung.
RENATURIERUNG WALDAIST Fluss-km 3,00 – Marktgemeinde Tragwein
geschätzte Gesamtkosten: 0,14 Mio €
Bei diesem Projekt sollen innerhalb des bestehenden Flussbettes die fischökologisch relevanten Teillebensräume verbessert und vermehrt werden. Dazu werden kleine Buhnen errichtet, Rauhbäume und Fischunterstände eingebaut sowie Strömungsteiler aus Steinen und Holz in der Flusssohle verankert. Diese führen zu einer variablen Flusssohle, die wieder mehr Laichmöglichkeiten, Jungfischlebensräume und bessere Versteckmöglichkeiten für die Fische bietet und somit den ökologischen Zustand verbessert.
Fazit:
Diese Renaturierungsprojekte sind nicht nur ein wichtiger Schritt für natürlichere Gewässer in Oberösterreich, sondern verbessern auch die Lebensqualität der Bevölkerung, schaffen neue Naherholungsräume und leisten einen nachhaltigen Beitrag zur Hochwasservorsorge und zum Wasserkreislauf.