Vom Fischsterben zur Flutgefahr – Extremwetterphasen als neue Herausforderung

Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder und Dipl.-Ing.in Daniela König, Direktorin Umwelt und Wasserwirtschaft, Land OÖ

Vom Fischsterben zur Flutgefahr – Extremwetterphasen als neue Herausforderung – Aktuelle Maßnahmen und Strategien des Landes OÖ zum Schutz der Gewässer, des Trinkwassers und vor Hochwasserrisiko

Lange Dürreperioden, ausgetrocknete Flussläufe, dramatisches Fischsterben – und danach Starkregen und Überschwemmungen: Die vergangenen Monate haben auf bedrückende Weise gezeigt, mit welcher Wucht der Klimawandel auch Oberösterreich bereits trifft. Flüsse wie die Mattig oder die Krems führen kaum mehr Wasser oder trocknen stellenweise ganz aus. In der Krems sind viele Fische qualvoll in den heißen und sauerstoffarmen Tümpeln verendet. „Die hohen Temperaturen in Verbindung mit sehr geringen Abflüssen haben dazu geführt, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser drastisch gesunken ist. Für viele Fischarten bedeutete dies akute Lebensgefahr oder gar den Tod“, erklärt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.

Gleichzeitig wird der Rückgang der Grundwasservorräte spürbar, während Starkregenereignisse immer häufiger lokale Hochwasser auslösen und in der Folge auch die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen können. Die Wasserwirtschaft steht damit vor einer doppelten Herausforderung: Hitze und Dürre auf der einen Seite, Überflutung auf der anderen. Die Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Infrastruktur sind massiv – und verlangen entschlossenes, vorausschauendes Handeln.

„Der Klimawandel ist keine abstrakte Bedrohung mehr. Er verändert unsere Flüsse, unsere Lebensräume und unsere Wasserversorgung – hier und jetzt“, betont Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder. „Wir müssen auf diese Realität reagieren – mit gezielten Maßnahmen, die sowohl ökologische Widerstandsfähigkeit stärken als auch den Schutz der Bevölkerung erhöhen.“

Das Land Oberösterreich setzt deshalb auf ein umfassendes Maßnahmenpaket: Mit Renaturierungen, Uferbegrünungen und gezielten Beschattungspflanzungen sollen Fließgewässer künftig besser vor Überhitzung geschützt werden. Gleichzeitig werden bestehende Hochwasserschutzanlagen laufend verbessert und um moderne Rückhaltebecken, Dammsicherungen und digitale Frühwarnsysteme erweitert. Auch der Schutz des Trinkwassers rückt verstärkt in den Fokus – etwa durch den Ausbau der Versorgungsnetze oder durch Investitionen in die Überwachung und Absicherung sensibler Quellen.

Erfahrungen aus jüngsten Hochwasserereignissen zeigen, dass viele Schutzbauten bereits wertvolle Dienste leisten konnten – trotzdem bleibt klar: Prävention ist eine Daueraufgabe, die mit den sich verschärfenden klimatischen Bedingungen Schritt halten muss. „Wir müssen in Sicherheit und Zukunftsfähigkeit investieren“, so Kaineder. „Jede Maßnahme, die unsere Gewässer schützt und unsere Wasserversorgung resilienter macht, ist ein Beitrag zur Lebensqualität in Oberösterreich – heute und für kommende Generationen.“

Aktuelle hydrographische Situation in Oberösterreich

Die Niederschläge der vergangenen Tage, mit Niederschlagssummen von 50l/m2 bis teilweise sogar 100l/m2, haben die angespannte Wasserführung in vielen Landesteilen vorübergehend entspannt.

Auswirkungen auf die Fließgewässer

Aufgrund der Regenmengen in den letzten Tagen konnten bei vielen OÖ Fließgewässern die Wasserstände wieder bis in den Bereich des Mittelwassers ansteigen. Einige Gewässer im Innviertel und Hausruckviertel liegen aber nach wie vor, nach kurzfristigen Anstiegen, im Niederwasserbereich.

OÖ Hauptgewässer (Donau, Salzach, Inn, Enns)

Aufgrund kräftiger Niederschläge in deren alpinen Einzugsgebieten (Salzburg, Tirol, Bayern) kam es in den letzten Tagen zu einem Anstieg bis zu höheren Mittelwasserführungen. Auch die Donau ist dadurch wieder merklich bis zum Mittelwasser angestiegen.

Im Bereich der Enns und Steyr kam es durch die teils starken Niederschläge ebenfalls zu einem Anstieg und hohen Wasserführungen.

Grundwassersituation

Die ergiebigen Regenfälle haben in vielen Regionen kurzfristig stabiles oder leicht steigendes Grundwasserniveau bewirkt. Generell bleiben die Grundwasserstände aber für die Jahreszeit niedrig, insbesondere im Innviertel (außer dem südlichen Teil),auf der Traun-Enns-Platte und im oberen Mühlviertel.

Regionale Unterschiede und längerfristige Trends:

In Oberösterreich zeigen sich teils stark unterschiedliche hydrologische Charakteristika:

  • Im Innviertel und südlichen Oberösterreich (Mattig, Ache, verkarstete Bereiche) bestehen bei längeren Trockenperioden deutliche Austrocknungstendenzen bis hin zu komplett trockenfallenden Gewässerabschnitten – ein Phänomen, das historisch bekannt ist, in den letzten Jahrzehnten jedoch häufiger auftritt.
  • Mühlviertel und Hausruckviertel sind weniger austrocknungsgefährdet.
  • Im Oberlauf der Traun und in alpinen Einzugsgebieten wirken Schneeschmelze und Gletscherschmelze als Puffer. Aufgrund schneearmer Winter zeigt sich hier heuer einespürbare Niedrigwassersituation.

Langjährige Abflusszeitreihen belegen einen klaren Trend

  • Speziell im Innviertel, Hausruckviertel und Mühlviertel gehen Niederwasserabflüsse seit der Jahrtausendwende merklich zurück.
  • In den alpinen Zubringern der Traun, Steyr und Enns sind diese Tendenzen bislang weniger stark ausgeprägt oder zeigen teilweise sogar leicht steigende Abflüsse.

Herausforderungen in der Wasserwirtschaft durch den Klimawandel

Zu viel Wasser und zu wenig Wasser schließen sich nicht aus“, bringt DI Daniela König, Direktorin der Abteilung Umwelt und Wasserwirtschaft des Landes Oberösterreich, die Situation auf den Punkt. „Trockenheit und Starkregenereignisse treten immer öfter fast gleichzeitig auf – das fordert unsere gesamte Wasserinfrastruktur.“

Tatsächlich bringt der Klimawandel zunehmend extreme Wetterverhältnisse mit sich: Phasen mit langen Hitze- und Trockenperioden wechseln sich mit lokalen Starkregen und Überflutungen ab. In den vergangenen Wochen zeigte sich dieses Spannungsfeld in Oberösterreich besonders deutlich – mit ausgeprägter Dürre einerseits und Überschwemmungen andererseits.

Diese klimatischen Entwicklungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft. Die Trinkwasserversorgung als auch die Abwasserentsorgung stehen unter Druck da sich Wasserqualität und Temperatur messbar verändern. Der Schutz vor Hochwasser, Hangwasser und Überflutung gewinnt genauso an Bedeutung wie der Ausbau einer widerstandsfähigen Siedlungswasserwirtschaft.

Maßnahmen des Landes OÖ – ein Überblick

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt das Land Oberösterreich auf ein breites Maßnahmenbündel, das kontinuierlich angepasst und erweitert wird:

1. Hochwasser- und Starkregenvorsorge

  • Flächendeckende Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie durch die Überarbeitung des Hochwasserrisikomanagementplans und somit Ausweisung von neuen oder überarbeiteten Gefahrenzonenplänen in allen Hochwasserrisikogebieten.
  • Ausweisung von Hochwasserabflussgebieten – mit dem Ziel, gewässerunverträgliche Nutzungen auszuschließen.
  • Abrücken von Hochwasserschutzdämmen von Fließgewässern und gezielter Siedlungsschutz.
  • Laufende Umsetzung eines umfassenden Bauprogramms für Hochwasserschutzanlagen im ganzen Bundesland.
  • Hangwasserhinweiskarte für Oberflächenabfluss
  • Weiterer Ausbau des Frühwarnsystems Nepomuk für kleine und mittlere Einzugsgebiete

2. Gewässerschutz und Renaturierung

  • Umsetzung der 4. Sanierungsverordnung für Fließgewässer: Renaturierung und Strukturverbesserung von Fließgewässern mit Fokus auf Schwerpunktgewässern.
  • Umsetzung der 5. Sanierungsverordnung: Vorschreibung eines Mindestabflusses im gesamten Berichtsgewässernetz, denn Gewässer brauchen Wasser.
  • Erhalt und Wiederherstellung von Retentionsräumen als zentrales Element für die Förderprogramme des Landes und Bundes.

3. Siedlungswasserwirtschaft – klimaangepasst und nachhaltig

Dieser Leitfaden zeigt praxisnahe Lösungen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung auf. Die oberste Maxime lautet: Versickerung vor Einleitung. Nur wenn keine flächenhafte Versickerung möglich ist, soll über Retentionsanlagen abgeleitet werden.

4. Grünräume und Mikroklima stärken

Durch Maßnahmen wie Gründächer, Entsiegelung, Rasengittersteine und klimaangepasste Bepflanzung kann Niederschlagswasser nicht nur gespeichert, sondern gezielt zur Kühlung von Siedlungsräumen genutzt werden. Der Leitfaden hebt auch die Bedeutung intakter Böden hervor – sie fördern die Grundwasserneubildung, binden Schadstoffe und verbessern das Stadtklima.

Was jede und jeder Einzelne tun kann

Auch die Eigenverantwortung spielt eine entscheidende Rolle:

  • Richtiges Verhalten im Hochwasserfall (z. B. Vorsorge für Gebäudeschutz, Rückstauklappen, Sicherung von Kellern).
  • Wassersparen, vor allem in Trockenphasen.
  • Informieren und vorbereiten: Die Online-Dienste des Hydrographischen Dienstes des Landes, die Plattform https://www.hochwasserwissen.info/ oder regelmäßige Lageberichte geben frühzeitig Hinweise auf potenzielle Risiken.
  • Klimaanpassung im eigenen Umfeld: Mit Begrünung, Entsiegelung und Regenwasserrückhaltung lassen sich Mikroklima und Wasserhaushalt auch auf Grundstücksebene verbessern.
  • Hochwassergeschütztes Bauen: Bereits im Vorfeld können mit einfachen Maßnahmen Schäden an Gebäuden und Kellern vermieden werden.